Modifizierter Spindelstock oder gelebte Forumskameradschaft
Verfasst: 02.05.2019 - 21:07:46
Moin oder Hallo Welt
Wir haben März 2019 und es ist wieder Zeit den Resturlaub abzutragen. Der Chef schaut schon mürrisch. Was macht man denn da?
Ich weiß auch nicht was ihr so macht, ich bin über meinen Schatten gesprungen und habe mir Hilfe geholt, oder besser, ich bin hingefahren.
Ich musste mal ganz alte Probleme angehen. Aber beginnen wir einfach mal von vorn:
Über das Forum habe ich vor vielen Jahren eine Drechselbank gekauft. Diese war mit Riemenscheiben aus Holz ausgerüstet. Natürlich musste da was anderes her. Es gab ja damals schon unseren Daniel Düsentrieb. Er hat sich bereit erklärt mir die Riemenscheiben zu fertigen. Also mal schnell so besprochen wie es werden soll und dann ab mit dem Auftrag in Richtung Süden. Wenig später waren die Riemenscheiben in der Werkstatt. Die Dinger ein zu bauen war leider nicht so einfach. Wer kennt sich denn noch mit den alten Konstruktionen aus.
Also die Teile eingebaut und losgedreht. Die Scheiben gingen sehr leicht auf die Welle. Es war eine Freude die Teile anzuschauen. Ich weiß noch, dass der Manfred sich extra noch Räumnadeln oder Zugang zu einer Presse besorgen musste.
Also soweit alles gut. Die Riemenscheiben haben drei Stufen für Poly V Riemen und ich habe auch gleich einen 2,2kW Motor nebst FU installiert. Soweit so gut.
Seit langer Zeit hatte ich eine kleine Unstimmigkeit bei meiner Drechselbank. Irgendwas kippelt da.
Die Ursache ist eindeutig zwischen den Ohren des Benutzers zu suchen. Es zeigte sich, dass ich beim Messen der Welle nicht wirklich sorgsam war. Beim damaligen Messen der Welle bin ich einem Fehler und einer falschen Vermutung aufgesessen. Die Welle hat einen Durchmesser von 34,75mm. So konnte mir das das elektronische Messeisen Jahre später verklickern. Nun ja, Parallaxenfehler sind Ansichtssache. Kein Wunder, dass sich die elektronischen Messeisen solch einer Beliebtheit erfreuen, fällt da dieser Fehler weitgehend flach. Dafür kann man da andere tolle Fehler machen.
Ich nahm jedoch an, dass es ja nur eine 35h irgendwas Welle sein kann. Nö, falsch vermutet oder approximiert wie der Akademiker sagt.
Die Riemenscheiben habe ich aber mit einer 35H7 Bohrung bestellt. Also ist in der Passung jede Menge Luft und damit wackelt die Riemenscheibe auf der Welle.
Also habe ich versucht den Zwischenraum mit sogenannter Hasbergfolie zu füllen. Hat soweit geklappt, aber das ist wirklich nur Pfusch. Die Hasbergfolie hat nicht so recht von selbst gehalten und so hat sich die Riemenscheibe immer ein wenig gelöst. Selbst hochprofessionell aufgebrachtes Malerkrepp hat nicht geholfen diesem Umstand entgegen zu wirken. Nun denn, die Maschine wurde wenig genutzt und so hat man sich nicht das Fell dran geschubbelt. Hoffnung auf Besserung kommt irgendwann. Provisorien halten ja bekanntlich sehr lange.
In der Zwischenzeit ist mir eine Bandsäge zugelaufen. Bei der Abholung gleich noch die Besichtigung der Werkstatt des Forumskollegen eingeschoben. Da gabs einiges zu sehen und zu staunen. Unter anderem wurde auch sein Spindelstock hochgelegt und damit auch drehbar gestaltet. Wer schon mal hohe Gefäße ausgedreht hat kennt das über das Bankbett gebiege und was der Rücken dazu sagt. Nur kurz angemerkt, man hat länger was davon. Diese genial einfache Idee wurde sofort auf den eigenen damaligen Haufen der zu erledigenden Projekte geworfen.
Durch Zufall, man teilt ja diese genial einfachen Ideen, wünschte sich ein Drechselkumpel genau diese Lösung auch für seine Bank. Die zwischenzeitliche Suche nach geeignetem Material hatte erbracht, dass Stahlstangen mit passenden Maßen in 3m Länge verkauft werden, genug für zwei Drechselbänke. Also Material beschafft und zurecht sägen lassen. Die Übergabe an den Drechselkollegen im Norden erfolgte und, ihr ratet richtig, er hat es auch schneller als ich umgesetzt.
Ich hatte mir diese Spindelstockerhöhung als erstes Projekt für meine “neue“ Bohrmaschine ausgeguckt. Das Bohren von solchen Löchern gestaltete sich auf meiner Bohrmaschine als Qual. Irgendwie hatte ich den Verdacht, dass der Chinabohrmaschine ein paar Watt abhandengekommen sind. Wahrscheinlich auf dem Container vergessen.
Nun warte ich auf die „neue“ alte Bohrmaschine auch schon einige Jahre. In diesem Jahr soll sie nun kommen. Man muss nur Geduld haben.
Aber ich muss noch einen Erzählstrang einfügen der mich zur Lösung meiner wackelnden Riemenscheibe brachte. Auf einer Tour durch die Werkzeugstrasse in China sind mir Teile aufgefallen die quasi „Taperlock inside“ haben. So etwas würde meiner Riemenscheibe in die richtige und vor allem feste Lage versetzten. Gleich zwei der Teile eingesackt. Natürlich wusste ich nicht die richtige Größe meiner Welle. Egal mitnehmen denn der Preis ist heiß. Die Teile wurden auf den Haufen der zu erledigenden Projekte gelegt, ganz oben wo man sie noch sehen kann.
Problem gelöst? Nicht ganz denn die Teile müssen ja noch in die Riemenscheibe.
Ich also über meinen Schatten gesprungen und in Bayern mal angefragt wie die Sterne für eine solche Operation so stehen. Prompte Antwort: Wann biste da?
Also Vorfreude hoch drei. Telefonate über die bevorstehende Aufgabe geführt und aufgetragen bekommen die Dicke der Welle zu messen. Tja was soll ich sagen. Die Teile aus China haben eine 30mm Bohrung und gehen nie nimmer auf ne Welle mit 34,75mm drauf. Traurig und mit hängenden Ohren schon versucht den Termin abzusagen. Der nächste Chinabesuch steht in den Sternen und wie dat Dingens heißt wusste ich nicht.
Im Anfall der Verzweiflung habe ich mal die Teilebezeichnung bei Tante Kugel eingetippt und tatsächlich über die Bildersuche(!) die Teile gefunden. Nun hatte ich auch die Bezeichnung gefunden. In englischer Sprache aber immerhin. Mit diesem Suchbegriff konnte ich die Teile auch in D finden. Bei e-bay gab es dann auch akzeptable Preise für einen Geizhals wie mich. Also wieder telefoniert und Manfred hat die Teile bestellt. So könnten sie noch rechtzeitig eintreffen. Reise gerettet!
Also die Drechselbank auseinandergenommen und den Spindelstock ladungsgesichert im Auto verstaut. Die Anbauteile für die Spindelstockerhöhung eingepackt und mit zur Ladungssicherung benutzt. Noch so anderes Zeugs eigepackt und – Mist – noch zwei Tage auf losfahren warten müssen.
Tag der Reise war Mittwoch. Früh los fahren war nicht so recht möglich, hilft aber für freie Fahrt auf den Autobahnen. Nun denn die ca. 450km vergingen auch so bei bestem und sonnigem Reisewetter wie im Fluge, ohne zu fliegen. Ein kleiner Stau trübte die Stimmung nur kurz.
Bei strahlendem Sonnenschein am frühen Nachmittag in Bayern angekommen. Manfred empfing mich schon in Arbeitsklamotten. Werkstattbesichtigung – alles noch beim Alten. Natürlich sollte der Patient gleich in Augenschein genommen werden. Also umgezogen, auspacken und ab in die Werkstatt.
Ich war davon ausgegangen, dass erst mal Klönschnack gehalten wird. Nix rumtüddern, ruck zuck war der Spindelstock zerlegt und die Riemenscheibe war schon auf der Drehmaschine. Zweimal den Rundlauf korrigiert und schon war die erste Bohrung drin. Ich meinte noch so dass wir zu schnell sein werden und uns den morgigen Tag komisch und Däumchen drehend angucken werden. Hat den Manfred gar nicht tangiert. Umgespannt und die zweite Bohrung war am Platz. Der Tag war um.
Der nächste Morgen ging in das natürliche Habitat Werkstatt. Na, wat geht jetzt? Ganz vorsichtig fragte ich ob wir nicht eine Planscheibe drehen können, da die Welle ja nun runter ist. Die braucht man, um das exotische Gewinde anzupassen. Fast schon gelangweilt griff Manfred ins Materiallager und suchte was raus. Aber halt, es war nicht gelangweilt, ich würde ihm unrecht tun.
Ich mag Gewindeschneiden auf der Drehmaschine nicht so recht. Mir fehlt einfach die Übung und ich muss mich dazu konzentrieren. Da ist mir jeder Blick über die Schulter eher kontraproduktiv. Also habe ich mich mal an die Bohrmaschine verkrümelt und meine Spindelstockerhöhung zurecht gebohrt. Gegen Mittag war die Planscheibe nebst Gewinde schon fertig. Wieder sah Manfred ein wenig gelangweilt aus. Ich glaube aber innerlich hat er frohlockt das so schnell geschafft zu haben. Wieder stand die Frage „Und Nun?“ im Raum. Also allen Mut zusammennehmen und nach einer Kopie der Spindelnase fragen. Da die Planscheibe nun fertig war konnte man mit dieser das Gewinde der Spindelnase auf einem anderen Stück verewigen. Damit ist man dann in der Lage selbst und vor Allem, ohne den Ausbau der Spindelwelle, Planscheiben oder Futterflansche herzustellen. Ich rechnete schon mit Protest, aber Manfred hatte schon ein gewinnendes Lächeln aufgesetzt und im besten bayrisch gesagt „Dann machen wer des!“ Ich habe ihn dann in Ruhe drehen lassen und nur ab und an mal nach dem Geheimnis geschaut. Leider war keins zu entdecken. Oder vielleicht doch, denn Manfreds Drehmaschine ist mit einem FU ausgerüstet und damit kann die Maschine sehr genau gesteuert werden was sich besonders beim Gewindeschneiden auswirkt.
Ich hatte ja noch mit meinen Stahlteilen zu tun.
Auf einmal war alles soweit fertig. Zusammenbau des Spindelstocks Alles fetzt! Das Anziehen der Spannhülsen haben wir gemeinsam gemacht. Manfred auf der einen Seite und ich auf der anderen. Volle Pressung liegt an und wir waren eigentlich beide erstaunt wie weit man da drehen muss bis wirklich fest kommt. Nun ist fest! Kein Gewackel mehr – JUHU! Ich hatte zwar den Motor auch mitgenommen aber wir haben den nicht montiert. Ich hatte ein wenig Schiss dass das ganze Teil herunterfällt. Aber ich habe noch wichtige Hinweise zur Motorwippe erhalten und quasi Hausaufgaben mitbekommen. Stellringe sollte ich mir drehen damit der Motor im festen Bezugspunkt zur Spindelwelle steht. Das wäre auch eine Ursache für Vibrationen. Denn die wollte ich ja nicht mehr haben.
Also alles wieder im Auto verstaut. Der Tag war noch nicht so ganz rum und noch mal ein Blick hinter die Kulissen geworfen.
Die Operation war beendet und zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie den Arzt, in diesem Falle eben Manfred. Ich wollte mir unbedingt noch mal sein Vakuumfutter ansehen. Böse Falle! Schlaflose Nacht und am nächsten Morgen habe ich so ein Futter bestellt.
Da nun mein Spindelgewinde auf einem Dummy war konnte Manfred das für meine Maschine herstellen. Nun, ich habs einfach getan. Manfred meinte es wird ein paar Tage dauern.
Abschied aus Bayern mit Hausaufgaben und modifizierter Riemenscheibe im Gepäck. Das Wetter war herrlich, nicht nur durch die Gedanken an die schöne Zeit, der man nachhing. Die Sonne lachte aus voller Kraft und die Fahrt war entspannt ging aber nicht direkt nach Hause, sondern zunächst nach Chemnitz.
Wer mal die A71 Hof Chemnitz nehmen muss bitte immer schönes Wetter bestellen. Die Landschaft ist traumhaft.
Egal, zwei Tage später im heimatlichen Habitat der Werkstatt angekommen. Zunächst Langlöcher in die Spindelstockerhöhung eingebracht. Es war ja nur die Bohrungen verbinden. Manfred wollte nicht so recht an seine Fräse und irgendwie war keine Zeit dafür. Die anderen Dinge waren mir auch wichtiger.
Alles zusammengebaut und auf der Maschine mal Platz nehmen. Ihr seht ja an den Bildern für Aufräumen war keine Zeit. Auch die Stellringe waren schnell erstellt. So konnte dann alles fertig montiert werden.
Probelauf und was soll ich sagen keine Vibrationen mehr und ein seidenweicher Lauf! Operation vollends gelungen! Und nun kann ich auch den Spindelstock schwenken. Wahnsinn! Nun muss ich nur noch die Zeit finden das alles auch zu nutzen – denn leider bin ich dazu noch nicht gekommen.
Nach Ostern kam dann auch das Vakuumfutter an. Es sitzt saugend und schmatzend auf der Spindelwelle. Ganz großes Kino.
Manfred hat mal recherchiert wann er die Riemenscheiben gefertigt hat. Es war im Jahr 2011. Die Spindelstockerhöhung habe ich 2012 entdeckt. Es ist also doch einiges an Zeit vergangen bis es so umgesetzt wurde. Vielen Dank an alle Beteiligten aus dem Forum.
Vielen Dank an Manfred unseren Daniel Düsentrieb für diese Aktion! Er meinte noch so etwas nicht für jeden zu machen zu wollen. Ich fand es großartig und habe keinen Kilometer meiner Fahrt bereut, obwohl auch ich eine Drehmaschine für diese Arbeit in der Werkstatt habe. Ich habe wieder was dazu gelernt und ganz tolle Gespräche führen können.
Ist der Haufen der noch zu erledigenden Projekte kleiner geworden? Nein, natürlich wächst der immer weiter. Nun kommen ja die Anwendungen der neuen Technik, neue Möglichkeiten ja unentdecktes Land. Der Haufen kann gar nicht kleiner werden! Wär auch schade drum.
Manfred Danke und bleib gesund!
Wir haben März 2019 und es ist wieder Zeit den Resturlaub abzutragen. Der Chef schaut schon mürrisch. Was macht man denn da?
Ich weiß auch nicht was ihr so macht, ich bin über meinen Schatten gesprungen und habe mir Hilfe geholt, oder besser, ich bin hingefahren.
Ich musste mal ganz alte Probleme angehen. Aber beginnen wir einfach mal von vorn:
Über das Forum habe ich vor vielen Jahren eine Drechselbank gekauft. Diese war mit Riemenscheiben aus Holz ausgerüstet. Natürlich musste da was anderes her. Es gab ja damals schon unseren Daniel Düsentrieb. Er hat sich bereit erklärt mir die Riemenscheiben zu fertigen. Also mal schnell so besprochen wie es werden soll und dann ab mit dem Auftrag in Richtung Süden. Wenig später waren die Riemenscheiben in der Werkstatt. Die Dinger ein zu bauen war leider nicht so einfach. Wer kennt sich denn noch mit den alten Konstruktionen aus.
Also die Teile eingebaut und losgedreht. Die Scheiben gingen sehr leicht auf die Welle. Es war eine Freude die Teile anzuschauen. Ich weiß noch, dass der Manfred sich extra noch Räumnadeln oder Zugang zu einer Presse besorgen musste.
Also soweit alles gut. Die Riemenscheiben haben drei Stufen für Poly V Riemen und ich habe auch gleich einen 2,2kW Motor nebst FU installiert. Soweit so gut.
Seit langer Zeit hatte ich eine kleine Unstimmigkeit bei meiner Drechselbank. Irgendwas kippelt da.
Die Ursache ist eindeutig zwischen den Ohren des Benutzers zu suchen. Es zeigte sich, dass ich beim Messen der Welle nicht wirklich sorgsam war. Beim damaligen Messen der Welle bin ich einem Fehler und einer falschen Vermutung aufgesessen. Die Welle hat einen Durchmesser von 34,75mm. So konnte mir das das elektronische Messeisen Jahre später verklickern. Nun ja, Parallaxenfehler sind Ansichtssache. Kein Wunder, dass sich die elektronischen Messeisen solch einer Beliebtheit erfreuen, fällt da dieser Fehler weitgehend flach. Dafür kann man da andere tolle Fehler machen.
Ich nahm jedoch an, dass es ja nur eine 35h irgendwas Welle sein kann. Nö, falsch vermutet oder approximiert wie der Akademiker sagt.
Die Riemenscheiben habe ich aber mit einer 35H7 Bohrung bestellt. Also ist in der Passung jede Menge Luft und damit wackelt die Riemenscheibe auf der Welle.
Also habe ich versucht den Zwischenraum mit sogenannter Hasbergfolie zu füllen. Hat soweit geklappt, aber das ist wirklich nur Pfusch. Die Hasbergfolie hat nicht so recht von selbst gehalten und so hat sich die Riemenscheibe immer ein wenig gelöst. Selbst hochprofessionell aufgebrachtes Malerkrepp hat nicht geholfen diesem Umstand entgegen zu wirken. Nun denn, die Maschine wurde wenig genutzt und so hat man sich nicht das Fell dran geschubbelt. Hoffnung auf Besserung kommt irgendwann. Provisorien halten ja bekanntlich sehr lange.
In der Zwischenzeit ist mir eine Bandsäge zugelaufen. Bei der Abholung gleich noch die Besichtigung der Werkstatt des Forumskollegen eingeschoben. Da gabs einiges zu sehen und zu staunen. Unter anderem wurde auch sein Spindelstock hochgelegt und damit auch drehbar gestaltet. Wer schon mal hohe Gefäße ausgedreht hat kennt das über das Bankbett gebiege und was der Rücken dazu sagt. Nur kurz angemerkt, man hat länger was davon. Diese genial einfache Idee wurde sofort auf den eigenen damaligen Haufen der zu erledigenden Projekte geworfen.
Durch Zufall, man teilt ja diese genial einfachen Ideen, wünschte sich ein Drechselkumpel genau diese Lösung auch für seine Bank. Die zwischenzeitliche Suche nach geeignetem Material hatte erbracht, dass Stahlstangen mit passenden Maßen in 3m Länge verkauft werden, genug für zwei Drechselbänke. Also Material beschafft und zurecht sägen lassen. Die Übergabe an den Drechselkollegen im Norden erfolgte und, ihr ratet richtig, er hat es auch schneller als ich umgesetzt.
Ich hatte mir diese Spindelstockerhöhung als erstes Projekt für meine “neue“ Bohrmaschine ausgeguckt. Das Bohren von solchen Löchern gestaltete sich auf meiner Bohrmaschine als Qual. Irgendwie hatte ich den Verdacht, dass der Chinabohrmaschine ein paar Watt abhandengekommen sind. Wahrscheinlich auf dem Container vergessen.
Nun warte ich auf die „neue“ alte Bohrmaschine auch schon einige Jahre. In diesem Jahr soll sie nun kommen. Man muss nur Geduld haben.
Aber ich muss noch einen Erzählstrang einfügen der mich zur Lösung meiner wackelnden Riemenscheibe brachte. Auf einer Tour durch die Werkzeugstrasse in China sind mir Teile aufgefallen die quasi „Taperlock inside“ haben. So etwas würde meiner Riemenscheibe in die richtige und vor allem feste Lage versetzten. Gleich zwei der Teile eingesackt. Natürlich wusste ich nicht die richtige Größe meiner Welle. Egal mitnehmen denn der Preis ist heiß. Die Teile wurden auf den Haufen der zu erledigenden Projekte gelegt, ganz oben wo man sie noch sehen kann.
Problem gelöst? Nicht ganz denn die Teile müssen ja noch in die Riemenscheibe.
Ich also über meinen Schatten gesprungen und in Bayern mal angefragt wie die Sterne für eine solche Operation so stehen. Prompte Antwort: Wann biste da?
Also Vorfreude hoch drei. Telefonate über die bevorstehende Aufgabe geführt und aufgetragen bekommen die Dicke der Welle zu messen. Tja was soll ich sagen. Die Teile aus China haben eine 30mm Bohrung und gehen nie nimmer auf ne Welle mit 34,75mm drauf. Traurig und mit hängenden Ohren schon versucht den Termin abzusagen. Der nächste Chinabesuch steht in den Sternen und wie dat Dingens heißt wusste ich nicht.
Im Anfall der Verzweiflung habe ich mal die Teilebezeichnung bei Tante Kugel eingetippt und tatsächlich über die Bildersuche(!) die Teile gefunden. Nun hatte ich auch die Bezeichnung gefunden. In englischer Sprache aber immerhin. Mit diesem Suchbegriff konnte ich die Teile auch in D finden. Bei e-bay gab es dann auch akzeptable Preise für einen Geizhals wie mich. Also wieder telefoniert und Manfred hat die Teile bestellt. So könnten sie noch rechtzeitig eintreffen. Reise gerettet!
Also die Drechselbank auseinandergenommen und den Spindelstock ladungsgesichert im Auto verstaut. Die Anbauteile für die Spindelstockerhöhung eingepackt und mit zur Ladungssicherung benutzt. Noch so anderes Zeugs eigepackt und – Mist – noch zwei Tage auf losfahren warten müssen.
Tag der Reise war Mittwoch. Früh los fahren war nicht so recht möglich, hilft aber für freie Fahrt auf den Autobahnen. Nun denn die ca. 450km vergingen auch so bei bestem und sonnigem Reisewetter wie im Fluge, ohne zu fliegen. Ein kleiner Stau trübte die Stimmung nur kurz.
Bei strahlendem Sonnenschein am frühen Nachmittag in Bayern angekommen. Manfred empfing mich schon in Arbeitsklamotten. Werkstattbesichtigung – alles noch beim Alten. Natürlich sollte der Patient gleich in Augenschein genommen werden. Also umgezogen, auspacken und ab in die Werkstatt.
Ich war davon ausgegangen, dass erst mal Klönschnack gehalten wird. Nix rumtüddern, ruck zuck war der Spindelstock zerlegt und die Riemenscheibe war schon auf der Drehmaschine. Zweimal den Rundlauf korrigiert und schon war die erste Bohrung drin. Ich meinte noch so dass wir zu schnell sein werden und uns den morgigen Tag komisch und Däumchen drehend angucken werden. Hat den Manfred gar nicht tangiert. Umgespannt und die zweite Bohrung war am Platz. Der Tag war um.
Der nächste Morgen ging in das natürliche Habitat Werkstatt. Na, wat geht jetzt? Ganz vorsichtig fragte ich ob wir nicht eine Planscheibe drehen können, da die Welle ja nun runter ist. Die braucht man, um das exotische Gewinde anzupassen. Fast schon gelangweilt griff Manfred ins Materiallager und suchte was raus. Aber halt, es war nicht gelangweilt, ich würde ihm unrecht tun.
Ich mag Gewindeschneiden auf der Drehmaschine nicht so recht. Mir fehlt einfach die Übung und ich muss mich dazu konzentrieren. Da ist mir jeder Blick über die Schulter eher kontraproduktiv. Also habe ich mich mal an die Bohrmaschine verkrümelt und meine Spindelstockerhöhung zurecht gebohrt. Gegen Mittag war die Planscheibe nebst Gewinde schon fertig. Wieder sah Manfred ein wenig gelangweilt aus. Ich glaube aber innerlich hat er frohlockt das so schnell geschafft zu haben. Wieder stand die Frage „Und Nun?“ im Raum. Also allen Mut zusammennehmen und nach einer Kopie der Spindelnase fragen. Da die Planscheibe nun fertig war konnte man mit dieser das Gewinde der Spindelnase auf einem anderen Stück verewigen. Damit ist man dann in der Lage selbst und vor Allem, ohne den Ausbau der Spindelwelle, Planscheiben oder Futterflansche herzustellen. Ich rechnete schon mit Protest, aber Manfred hatte schon ein gewinnendes Lächeln aufgesetzt und im besten bayrisch gesagt „Dann machen wer des!“ Ich habe ihn dann in Ruhe drehen lassen und nur ab und an mal nach dem Geheimnis geschaut. Leider war keins zu entdecken. Oder vielleicht doch, denn Manfreds Drehmaschine ist mit einem FU ausgerüstet und damit kann die Maschine sehr genau gesteuert werden was sich besonders beim Gewindeschneiden auswirkt.
Ich hatte ja noch mit meinen Stahlteilen zu tun.
Auf einmal war alles soweit fertig. Zusammenbau des Spindelstocks Alles fetzt! Das Anziehen der Spannhülsen haben wir gemeinsam gemacht. Manfred auf der einen Seite und ich auf der anderen. Volle Pressung liegt an und wir waren eigentlich beide erstaunt wie weit man da drehen muss bis wirklich fest kommt. Nun ist fest! Kein Gewackel mehr – JUHU! Ich hatte zwar den Motor auch mitgenommen aber wir haben den nicht montiert. Ich hatte ein wenig Schiss dass das ganze Teil herunterfällt. Aber ich habe noch wichtige Hinweise zur Motorwippe erhalten und quasi Hausaufgaben mitbekommen. Stellringe sollte ich mir drehen damit der Motor im festen Bezugspunkt zur Spindelwelle steht. Das wäre auch eine Ursache für Vibrationen. Denn die wollte ich ja nicht mehr haben.
Also alles wieder im Auto verstaut. Der Tag war noch nicht so ganz rum und noch mal ein Blick hinter die Kulissen geworfen.
Die Operation war beendet und zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie den Arzt, in diesem Falle eben Manfred. Ich wollte mir unbedingt noch mal sein Vakuumfutter ansehen. Böse Falle! Schlaflose Nacht und am nächsten Morgen habe ich so ein Futter bestellt.
Da nun mein Spindelgewinde auf einem Dummy war konnte Manfred das für meine Maschine herstellen. Nun, ich habs einfach getan. Manfred meinte es wird ein paar Tage dauern.
Abschied aus Bayern mit Hausaufgaben und modifizierter Riemenscheibe im Gepäck. Das Wetter war herrlich, nicht nur durch die Gedanken an die schöne Zeit, der man nachhing. Die Sonne lachte aus voller Kraft und die Fahrt war entspannt ging aber nicht direkt nach Hause, sondern zunächst nach Chemnitz.
Wer mal die A71 Hof Chemnitz nehmen muss bitte immer schönes Wetter bestellen. Die Landschaft ist traumhaft.
Egal, zwei Tage später im heimatlichen Habitat der Werkstatt angekommen. Zunächst Langlöcher in die Spindelstockerhöhung eingebracht. Es war ja nur die Bohrungen verbinden. Manfred wollte nicht so recht an seine Fräse und irgendwie war keine Zeit dafür. Die anderen Dinge waren mir auch wichtiger.
Alles zusammengebaut und auf der Maschine mal Platz nehmen. Ihr seht ja an den Bildern für Aufräumen war keine Zeit. Auch die Stellringe waren schnell erstellt. So konnte dann alles fertig montiert werden.
Probelauf und was soll ich sagen keine Vibrationen mehr und ein seidenweicher Lauf! Operation vollends gelungen! Und nun kann ich auch den Spindelstock schwenken. Wahnsinn! Nun muss ich nur noch die Zeit finden das alles auch zu nutzen – denn leider bin ich dazu noch nicht gekommen.
Nach Ostern kam dann auch das Vakuumfutter an. Es sitzt saugend und schmatzend auf der Spindelwelle. Ganz großes Kino.
Manfred hat mal recherchiert wann er die Riemenscheiben gefertigt hat. Es war im Jahr 2011. Die Spindelstockerhöhung habe ich 2012 entdeckt. Es ist also doch einiges an Zeit vergangen bis es so umgesetzt wurde. Vielen Dank an alle Beteiligten aus dem Forum.
Vielen Dank an Manfred unseren Daniel Düsentrieb für diese Aktion! Er meinte noch so etwas nicht für jeden zu machen zu wollen. Ich fand es großartig und habe keinen Kilometer meiner Fahrt bereut, obwohl auch ich eine Drehmaschine für diese Arbeit in der Werkstatt habe. Ich habe wieder was dazu gelernt und ganz tolle Gespräche führen können.
Ist der Haufen der noch zu erledigenden Projekte kleiner geworden? Nein, natürlich wächst der immer weiter. Nun kommen ja die Anwendungen der neuen Technik, neue Möglichkeiten ja unentdecktes Land. Der Haufen kann gar nicht kleiner werden! Wär auch schade drum.
Manfred Danke und bleib gesund!