Werkzeugführung alias Bankfräser

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Johannes Volmer
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Werkzeugführung alias Bankfräser

Beitrag von Johannes Volmer »

Im Erzgebirge heißt eine für die Serienfertigung sehr nützliche Vorrichtung zur Werkzeugführung Bankfräser, und unter diesem Namen ist sie auch käuflich [1]. An dieser Vorrichtung dreht sich kein Fräser, wie der Name vermuten lässt, aber an der Drehbank wird sie verwendet, und zwar um sicher ein exakt gleiches Maß oder gleiche Form bei Teilen einer Serie zu erreichen. Ich zähle den Bankfräser zu den klugen Erfindungen der Erzgebirger zur Rationalisierung ihrer Handarbeit an der Drehbank.
Ich habe mir eine solche Vorrichtung passend zu meinen Ovaldrehmaschinen gebaut und sie Stecher (englisch Piercer) genannt. Eine erste Anwendung war beim Ovaldrehen einer Serie ovaler Rechteck-Rahmen auf der kleinen Ovaldrehmaschine ODM15 (Bild 1).

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Damit konnte ich erreichen, dass der Falz jedes Rahmens die gleichen Maße hatte, ohne dass jeweils gemessen werden musste. Auch die einzusetzende Glas- und Deckscheibe werden mit gleicher Einstellung des Glasschneiders geschnitten und passen deshalb in jeden Rahmen der Serie (Bild2).

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Natürlich passt der Stecher auch auf das Bett meiner ehrwürdigen Kreher-Bank, in Bild 3 zum Markieren des Rahmenfalzes an der Ovaldrehmaschine ODM30.
Der Stecher besteht – wie sein Vorbild, der erzgebirgische Bankfräser – aus einem schwenkbaren Arm SA (Bild 4 und 5).

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Ich habe ihn aus 40mm kaltgewalztem Vierkantrohr in abgewinkelter Form gemacht. Auf dem Rücken ist ein blanker Flachstahl aufgeschweißt mit einer Reihe M8-Löcher zur Aufnahmen des Werkzeuges unter einer Klemmplatte. Zur exakten Einstellung der Höhe der Werkzeugschneide – beim Ovaldrehen genau auf die Zentrallinie – dient eine eingeschraubte Stütze PP, die sich auf dem Bankbett oder der Handauflage aufstützt. Der Arm SA sitzt am unteren geschlitzten Ende auf der Welle PS absolut fest durch Klemmverbindung mittels der Spannschraube SC. Die Welle PS ist 16mm Präzisionsstahl. Sie gleitet ohne Spiel und absolut klemmfrei durch die Augen der Gelenkköpfe SB (ISO 12240-4, 1998). Diese sitzen mit ihren M16-Enden in der Basis BE, blanker Rechteckstahl 20mmx40mm, 190mm lang. WN sind angeschweißte M16-Muttern, LN die Kontermuttern, TH M10-Durchgangslöcher zum Anschrauben der Basis an das Bankbett der ODM15, WH Löcher für 6mm Holzschrauben (siehe Bild 3),

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AS Stellringe für Begrenzung des Längsweges beim Stechen oder Schlichten von Innen- und Außenflächen und HL Handgriffe (siehe Bild 2).

Für konische Falze oder kegelige Flächen wird die Welle PS entsprechend schräg gestellt (Bild 6).

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Referenz
[1] STEINERT ® Drechselzentrum Erzgebirge: www.drechselzentrum.de

*Fotos eingefügt von Raupenzwerg
hovens
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Beitrag von hovens »

Hallo Johannes,

Sehr schön gemacht. Es wundert mich aber ein bischen das Du in deinem alter noch produktionsarbeiten machen musst :-L :-L :-L .
Eine gute idee die reizt zum nachbauen ( wenn erlaubt natürlich).

Gruss,

Jan Hovens
Rixe
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Beitrag von Rixe »

Hallo Johannes,
Ich bin verblüfft, von den Teil super gemacht.
Ist dies nur für Querholz gedacht oder auch für Langholz arbeiten.

Mfg
Dirk
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Holzpeter
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Beitrag von Holzpeter »

Hallo Johannes,

ich überlege auch schon lange, wie ich so einen Bankfräser mit meinen begrenzten Metallbarbeitungsfähigkeiten selbst bauen könnte (Bei Steinert kostet der ja immerhin über 330 EUR).
Dank Deines Beitrages bin ich jetzt um Meilen weiter :danke:

Hölzerne Grüße
Peter
„Wir haben diese Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern nur von unseren Kindern geliehen.“
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Roenni
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Beitrag von Roenni »

Hallo Johannes,

ein nicht zu vernachlässigender Punkt an Deinem Bankfräser ist die Verstellung der Linearführung, welche an den alten Bankfräsern und auch beim jetzigen von Steinert fehlt.

Gruß Roenni
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