Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

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Peter Gwiasda
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Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Peter Gwiasda »

Kugel zu drechseln ist gerade sehr populär und immer wieder eine handwerkliche Herausforderung. Aktuell ist sie förderlich für das Ansehen unseres Handwerks und gut für die Denkmalpflege, wie eine deutschlandweite löbliche Aktion von Hobbydrechslern belegt. Aus den Resten einer beim Frühjahrsorkan teilweise zerstörten Bockwindmühle im Weimarer Land drechseln sie massenweise Kugeln. Diese sollen mit Plaketten versehen und verkauft werden. Der Erlös wird für den Wiederaufbau der denkmalgeschützten Mühle eingesetzt.
Kugeln faszinieren seit Menschengdenken. Und dabei sind sie eigentlich recht langweilig, weil sie nur einen maximal gleichmäßigen geometrischen Körper ohne Ecken und Kanten darstellen. Und trotzdem oder gerade deshalb zieht uns dieser geometrische Körper an. Die immer noch unbekannten Ingenieure und Designer der natürlichen Schöpfung beglücken uns weltweit mit perfekten oder beinahe perfekten Kugeln wie Kürbisse, Weintrauben, Wassertropfen oder Kugelfische.

Und jetzt zur Sache: Mein hochgeschätzter Baumpfleger polterte unlängst den Kronenkern eines alten Boskoop-Apfelbaumes vor meinen Gartenzaun; der Baum war bereits von Insekten entrindet und als standdürres Exemplar fast trocken (20 Prozent Feuchte). „Mach' was draus“, war seine Empfehlung. Ich entschied ich mich für eine Kugel, obwohl ich heute immer noch nicht weiß, was ich mit ihr machen könnte. Denn Holzkugeln sind eigentlich überflüssig, es sei denn man ist wie Drechslermeister Klaus Reef Holzkugel-Einradfahrer.

Bislang habe ich die meisten Kugeln freihand gedrechselt. Diesmal nutzte ich eine Kugeldrehvorrichtung unseres Drechslerfreundes Manfred Kellerhans, eines hochtalentierten Metallers. (Achtung Werbeblock: Seine Vorrichtung ist nach meiner Erfahrung mit Abstand die beste auf dem Markt, präzise, stabil und einfach zu bedienen). Bevor ich den vielfach verwachsenen und verästelten Holzklotz mit der Vorrichtung zur Kugel schneiden konnte, habe ich den Rohling grob zwischen den Spitzen vorgeformt. Die Fotos erklären den Rest.

Am Ende habe ich gelernt: Vorrichtungen dieser Art sind nützlich, fördern aber nicht meinen Ehrgeiz, mit Augen und Händen eine Kugel ohne Ecken und Kanten zu schaffen. Die Schneiden der Vorrichtung berücksichtigen nicht die wechselnden Fasern des Holzes; die Oberflächegüte ist schlecht, weil nur an wenigen Stellen geschnitten wird. Wenn ich freihand arbeite, verändere ich fortwährend je nach Wuchsrichtung die Stellung der Röhre. Die Lehre lautet: Mit einer Vorrichtung muss ich anschließend stark abrasiv schleifen, notfalls mit oszillierenden Schleifkörpern (und riskiere dabei, die Kugel wieder zu verfälschen). Und schneller geht es auch nicht, allein wegen des Umspannens.
Bei der Abwägung von Kugeln freihand oder Kugeln mit Zwangsführung sollte immer beachtet werden, dass auch die perfekte Kugel sich je nach Wetterlage und klimatischem Standort zur nicht mehr perfekten Kugel verzaubert. Aber der Zauber bleibt in jedem Fall.

Noch etwas: Die Kugel hat einen Durchmesser von 315 Millimeter. Gewogen habe ich sie nicht.

Grüße von Peter Gwiasda

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Wie tröstlich, dass auch unsere Erde nicht wirklich rund ist.
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drechselgaertner
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von drechselgaertner »

Hallo Peter!

Ich habe in der Vergangenheit auch viel mit Kugeln gemacht. Und hatte auch irgendwann eine
Kugeldrehvorrichtung. Nach dem ich sie 2 bis 3 mal benutzt hatte habe ich sie in irgend eine
Ecke verbannt wo sie heute noch liegt. Also ich war überhaupt nicht zu frieden mit dem Teil.
Die rätselhafte Lust an den Kugeln liegt bei mir an dem Inneren einer Kugel. Was da alles noch
im Inneren verborgen ist hat mich so fasziniert. Hier mal noch ein paar Bilder:
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Gruß Jürgen!
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schwede
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von schwede »

...wenns mal rund läuft, laufts rund! ;-)



Schwedes Kugelsammlung (10).jpg
Schwedes Kugelsammlung (10).jpg (129.5 KiB) 4862 mal betrachtet
schöne Grüße aus der Oberpfalz
Markus ---> Schwede

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derhatunsnochgefehlt
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von derhatunsnochgefehlt »

Ich denke mal laut.....

Ist die Kugel eventuell der letzte taugliche Ausweg für ein mit Rissen versehenes Stück Holz?
Nach dem Motto..... Ist eine Schale nicht mehr möglich, geb ich mir die Kugel.

Natürlich haben Kugeln ihren besonderen Reiz.
Meinen vollen Respekt haben alle, die sie frei Hand Drechseln können!

Viele Grüße
Volker
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drmariod
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von drmariod »

Als ich vor 3 Jahren angefangen hatte zu drechseln, habe ich jedem Holzstück nachgejagt, dass ich finden konnte. Dann falsch gelagert oder einfach nur Pech gehabt.

Aktuell mache ich gerade alles, was ich für andere Dinge untauglich halte, zu einer Kugel.

Weil es Spaß macht
Weil das Ergebnis recht befriedigend ist
Und weil es eine gute Übung ist.

Problem dabei ist oft, was mach ich damit, und bis zur Verwendung, wie lagere ich die Dinger.

Aktuell statte ich Hof und Garten mit Deko Kugeln aus, so als vergängliche Kunst.

Ich tu mir noch schwer Kugeln zu verschenken, weil fehlender Nutzen… Aber falls Jemand den Fehler macht und „oh toll“ sagt, dann wird eine sicherlich gleich reserviert 😀

Danke Peter fürs zeigen! Und eine schöne Kugel hast Du da kreiert.

Hat noch Jemand einen Tipp, wie groß der Sockel etwa sein muss, damit die Kugel bei Sturm nicht runter fällt? 1/3 vom Kegeldurchmesser?

Viele Grüße
Der Mario
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Mikkelsen DK
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Mikkelsen DK »

Hallo allerseits
Meinen ersten Ball habe ich vor vielen Jahren gedreht, mein damaliger Lehrer war Johannes Riber.
Seitdem sind daraus unzählige große und kleine Kugeln geworden, immer freihändig.
Das Publikum ist immer wieder fasziniert, wenn man einen Ball dreht.

Grüße Erik

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Es gibt immer etwas innen ein holzstuck, es muss nur gefunden werden.
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Peter Gwiasda
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Peter Gwiasda »

Hallo Jürgen und Erik,

eure Beiträge zum Thema Kugeln bestätigen meine Position.
Jürgen: Oberflächlich betrachtet ist dein Beitrag widersprüchlich. Für mich bist du einerseits der populärste Drechsler mit der größten Vielfalt von Vorrichtungen aller Art, um Holz innen und außen über unterschiedliche Achsen raffiniert zu bearbeiten. Und andererseits bekennst du, Kugeldrehvorrichtungen zu verachten beziehungsweise deren Nutzen nicht zu erkennen. Ich gebe dir recht, solche Vorrichtungen passen nicht zu dir und diskreditieren deine Talente.
In meinem Post habe auch ich durchblicken lassen, dass ich zwangsgeführte Vorrichtungen zum Drehen von Holzkugeln als langweilig empfinde. Sie erinnern mich zu sehr an Automaten...
Die von dir ersonnenen und gebauten Vorrichtungen sind oft so genial wie die damit hergestellten Objekte.

Erik: Ich würde mich freuen, dich beim Drechslertreffen im Freilichtmuseum Hessenpark persönlich kennen zu lernen.

Grüße von Peter Gwiasda
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Bernd Schröder
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Bernd Schröder »

Moin Peter!
Deine Kugel hat aber doch Ecken und Kanten,
ja sogar Einliegerwohnungen für Würmer - die keine sind -.
(Vergleiche H. Erhardt - "Die Made")

In meiner Werkstatt liegen auch derzeit rund ein Dutzend (= 1/5 Schock)
vorgedrehter Kugeln im Spänehaufen, um dort schonend zu trocknen.
Auch Apfelbaum, der Sturm hatte ihn gerissen und nun passierte es ähnlich wie bei Dir.
Plötzlich lag ein Haufen Stammabschnitte und dicker Äste vor meiner Werkstatt.
"Das ist doch was für Dich und falls es nicht lohnt, hast Du ja einen Ofen."
So ähnlich wär der Spruch des Abladers und schon hatte ich mein neues Holzproblem.
Mit besten Grüßen aus der Heide!
Bernd
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SteffenM
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Die rätselhafte Lust, irgendwelche Dinge auszurechnen

Beitrag von SteffenM »

drmariod hat geschrieben: 04.05.2022 - 19:58:03
Hat noch Jemand einen Tipp, wie groß der Sockel etwa sein muss, damit die Kugel bei Sturm nicht runter fällt? 1/3 vom Kegeldurchmesser?"
Schaun wir mal... :-)
Fischlogo.JPG
Fischlogo.JPG (9.8 KiB) 4613 mal betrachtet
Die Skizze zeigt die Kugel im grünen Sockel. Von rechts schiebt der Wind mit seiner Windkraft F_w. Die Erde zieht mit der Gewichtskraft F_g nach unten. Beide Kräfte lassen sich zu einem Dreieck zusammenschieben, dessen untere Spitze den Dreh- bzw. Kipppunkt markiert (siehe roter Kreis). Das war der komplizierte Teil.

Jetzt wird's einfacher:
Fischlogo - Kopie.JPG
Fischlogo - Kopie.JPG (6.23 KiB) 4613 mal betrachtet
Die obere Formel gibt den Strömungswiderstand an. Der cw-Wert einer Kugel ist 0,45. Die Dichte von Luft ist 1,2 kg/m³. A ist die Querschnittsfläche deiner Kugel, also ein Kreis. Und v ist die Windgeschwindigkeit in m/s, die hier quadratisch eingeht.
Die zweite Formel ist die Gewichtskraft: Das Volumen einer Kugel mal die Dichte vom Holz mal die Fallbeschleunigung der Erde. (Wichtig: Der Durchmesser d muss in Meter umgerechnet werden!)
Und ganz unten gibt's noch die zum Dreieck passende Formel. Der Winkel Alpha liegt zwischen F_g und der Diagonalen, ist also ein Maß für die Größe des Fußes. (Der nötige Durchmesser des Sockels ist der Kugeldurchmesser mal Sinus Alpha.)

Und jetzt die - für mich ziemlich überraschende - Auflösung:
Einheitskreis.JPG
Einheitskreis.JPG (29.68 KiB) 4613 mal betrachtet
Eine orkansicherer Sockel muss einen Durchmesser von 5 Zentimetern haben. Punkt.

Die Rechnung zeigt, dass es sogar fast egal ist, ob eine kleine 10er oder eine dicke 50er Kugel drauf liegt. Die große Kugel bietet zwar eine größere Angriffsfläche, gleicht das aber durch ein deutlich höheres Gewicht aus.

Den Praxistest überlasse ich dir. Die Fehlersuche auch. :prost:

Schlaf gut!
Steffen
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von hera »

Hallo Steffen,
Physik ist ja schon was tolles.

Du rechnest, soweit ich das als Rentner verstehe, mit dem Verhältnis der Kräfte.

Gibt es dabei beim Angriff der Windkraft nicht auch noch irgendwie eine Hebelwirkung?

Die Angriffspunkt des Winddruckes im Zentrum bei einer 50cm Kugel im Verhältnis zur 5cm Unterstützung reduziert den Effekt des Gewichtes deutlich.

Oder hat mich der Rotwein schon soweit beeinflusst, daß meine Gefühle mich trügen?

Zum rechnen bin ich zu alt :re:
Das Leben ist zu kurz für schlechten Wein und stumpfes Werkzeug !
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Cello »

Peter Gwiasda hat geschrieben: 03.05.2022 - 22:58:41
Kugel zu drechseln ist gerade sehr populär und immer wieder eine handwerkliche Herausforderung. Aktuell ist sie förderlich für das Ansehen unseres Handwerks und gut für die Denkmalpflege, wie eine deutschlandweite löbliche Aktion von Hobbydrechslern belegt. Aus den Resten einer beim Frühjahrsorkan teilweise zerstörten Bockwindmühle im Weimarer Land drechseln sie massenweise Kugeln. Diese sollen mit Plaketten versehen und verkauft werden. Der Erlös wird für den Wiederaufbau der denkmalgeschützten Mühle eingesetzt.
Lieber Peter,

ein bisschen muss ich Dich schon korrigieren. Aus dem Holz, das ich als Reste der total zerstörten Bockwindmühle abholte, werden ca. 40 Kugeln gedrechselt. Meine Unterstützer rekrutieren sich vorwiegend aus dem Blauen Forum. Aus dem Gelben Forum kam nur eine einzige Reaktion von Peter Anton. Die Kugeln werden nicht verkauft. Unsere Kugeln sollen vom Mühlenverein, für den wir die Kugeln machen, an Sponsoren als Dankeschön verschenkt werden. Wir sind praktisch Sponsoren für die Sponsoren. Sponsoring ist ein zweiseitiges Unterfangen. Sponsoren erwarten still eine Gegenleistung, und sei es die Namensnennung auf einem Plakat. Oder eine Kugel aus historischem Holz.

P.S.: Ich fertige fast alle meine Kugeln mit einer Kugeldrehvorrichtung. Und man sieht es ihnen gar nicht an.

Gruß
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Cello »

Hallo Steffen,

solche Beiträge gefallen mir!

Gruß
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SteffenM
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von SteffenM »

Hallo Hermann,

du hast es richtig erkannt: Mein Ansatz ist ein Gleichgewicht der Kräfte. Der von dir gesuchte Hebel steckt in der Diagonalen des Dreiecks, die sich aus der Summe beider Kräfte ergibt. Wäre die Windkraft größer, dann würde die Diagonale flacher verlaufen und über den Rand des Sockels hinausgehen. Die resultierende Gesamtkraft würde am Sockel vorbeizeigen und die Kugel mitnehmen.

Eine 50cm Eichenkugel würde ca. 55 kg auf die Waage bringen. Da braucht es schon einiges an Wind, um so einen Brocken verschieben zu können. (In meiner Rechnung bin ich von einer Holzdichte von 1000 kg/m³ ausgegangen. Das ist ziemlich hoch angesetzt. Bei sehr niedrigen 500 kg/m³ müssten die Sockel je nach Durchmesser 8 bis 10 cm haben.)

Nun reicht's aber für heute.

Gute Nacht!
Steffen
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Jupp 58
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Jupp 58 »

Hallo Hermann,

Du hast ja recht, bei einer größeren Kugel ist der Windangriff weiter oben. Aber Du musst noch im Gegenzug beachten, dass die Gewichtskraft der Kugel mit der Größe schneller wächst als die Windangriffsfläche. Das Gewicht steigt in der 3. Potenz und die Windangriffsfläche nur im Quadrat des Durchmessers. Damit stimmt das Ergebnis von Steffen wieder.
Nun aber wirklich gute Nacht!
Viele Grüße
Jürgen

Oh, Steffen war mit seiner Antwort soeben ein paar Minuten schneller.
Wenn jemand zu dir sagt, "das geht nicht", denke daran, es sind SEINE Grenzen. Nicht deine.
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drmariod
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von drmariod »

Wirklich interessant und ich werde auf der Mauer km Hof dazu ein kleinen Versuchsaufbau starten…
Ich mache jetzt einfach 5cm Sockel und Wette mit ffm Nachbarn um ne Flasche Wein… wenn nach dem Wind die Kugel bei ihm liegt, darf er sie behalten, wenn sie bei mir liegt, bekomme ich ne Flasche Wein…

Mal sehen ob er sich drauf einlässt…

Den Verdienst teile ich brüderlich beim DFT.

Grüße und danke
Der Mario
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drmariod
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Re: Die rätselhafte Lust, irgendwelche Dinge auszurechnen

Beitrag von drmariod »

SteffenM hat geschrieben: 04.05.2022 - 21:56:21
Und ganz unten gibt's noch die zum Dreieck passende Formel. Der Winkel Alpha liegt zwischen F_g und der Diagonalen, ist also ein Maß für die Größe des Fußes. (Der nötige Durchmesser des Sockels ist der Kugeldurchmesser mal Sinus Alpha.)

So, noch mal versucht ausgeschlafen auf die Formel zu schauen und da fällt mir auf, Du berechnest den Sockel Radius, richtig?

Wollte die Formel gerade mal für mich nachbauen, damit ich immer den organischeren Maßsockel produzieren kann, aber da scheitert es gerade etwas... Brauche wohl doch noch ein Kaffee :mrgreen:

Viele Grüße
Der Mario

PS [mention]Peter Gwiasda[/mention] ich hoffe es ist nicht schlimm, dass wir Deinen Kugelthread für Sockel Optimierungen kapern...
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Peter Gwiasda
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von Peter Gwiasda »

Lieber Mario,

nix ist schlimm!
So wird das Forum spannender und bunter, und man bekommt eine Vermutung über die außergewöhnlichen Talente und Qualifikationen einzelner aktiver Nutzer.
Es wächst die Gewissheit, dass Hobbydrechsler nicht nur sympathische, sondern auch reizvolle schräge Typen sind.

Grüße von Peter Gwiasda
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Re: Die rätselhafte Lust, irgendwelche Dinge auszurechnen

Beitrag von SteffenM »

drmariod hat geschrieben: 05.05.2022 - 08:30:32
So, noch mal versucht ausgeschlafen auf die Formel zu schauen und da fällt mir auf, Du berechnest den Sockel Radius, richtig?
Ja, fast: Es ist der Durchmesser.

Der Arkustangens vom Verhältnis der Kräfte ergibt den Winkel. Und der Kugeldurchmesser mal den Sinus dieses Winkels gibt den Durchmesser des Sockels. (Irgendwie muss das auch ohne den Umweg über den Winkel gehen, aber das wird wahrscheinlich nicht schöner.)

Wenn man die Fläche A bei der Windkraft durch Pi·d²/4 ersetzt, kürzt sich noch was raus. Der Rest ist nur noch Einsetzen (immer schön in Meter bzw. Meter pro Sekunde).
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Fischlogo.JPG (9.12 KiB) 4119 mal betrachtet
(Ich hab mit Excel eine Tabelle für die verschiedenen Windgeschwindigkeiten und Durchmesser erstellt.)

Schöne Grüße!
Steffen
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von hera »

ich bin mit meinem Hebel zum gleichen Ergebnis gekommen. Ist ja eigentlich auch das Gleiche, heißt nur anders. :re:

Allerdings hat ein Feldversuch mit einer Kugel in dem Durchmesser mir doch gezeigt, das die Kraft des Windes auch bei Sturm noch deutlich geringer ist, als wenn man mal so einfach unabsichtlich dagegen tritt. (Wind ca 50N bei fast Sturm, sagt mein Rechner)

Im Klartext, wenn die Kugel erhöht stehen sollte, dann würde ich die Auflage schon deutlich größer machen, damit auch die Katze des Nachbar mit Anlauf drauf springen kann, ohne das eine Delle im Vorgarten entsteht.

Bei 50 cm hätte ich so ab 15 - 18 cm Durchmesser ein recht sicheres Gefühl.
Alles was optisch gut aussieht, wäre mir recht.
Viel Glück..
Grüße
hermann
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von dalbergia_63 »

Hallo Steffen,

Deine physikalischen Einlassungen in Ehren, aber wenn mir damals während meiner Gymnasialzeit (als absolutem Mathe- und Physikversager, aber immerhin ehemaligen Kurzzeit-Biologie- und -Chemiestudenten ...) einer Deiner Fachkollegen die Kugel in solch komplexer Weise versucht hätte nahe zu bringen, dann würde ich wahrscheinlich heute nicht drechseln...

Habe mich dann doch eher dem praktischen "Machen und Gestalten" zugewandt ohne zuviel zu hinterfragen... vielleicht heute eine Bildungslücke, who knows?

Mit handwerklich-kollegelialer Grüßen und Freude über solche Bildungsexkurse freut sich

Heinz
"To everything (turn, turn, turn)
There is a season (turn, turn, turn)
And a time to every purpose, under heaven"
Pete Seeger
... welch ein Lied für einen drechselnden Musiker!
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von drmariod »

dalbergia_63 hat geschrieben: 05.05.2022 - 22:07:32
Deine physikalischen Einlassungen in Ehren, aber wenn mir damals während meiner Gymnasialzeit (als absolutem Mathe- und Physikversager, aber immerhin ehemaligen Kurzzeit-Biologie- und -Chemiestudenten ...) einer Deiner Fachkollegen die Kugel in solch komplexer Weise versucht hätte nahe zu bringen, dann würde ich wahrscheinlich heute nicht drechseln...
Hallo Heinz, das hab ja eher ich verbrochen und Steffen war so freundlich mir zu helfen…

Bei meinem Sockel für draußen hatte ich aber auch nicht die Nachbarskatze oder meine zwei Buben einbezogen, was dann wohl doch zu Hermanns Lösung führt…

Aber ist doch wirklich gut zu wissen, dass die optisch schönste Lösung höchst wahrscheinlich auch Orkansicher zu sein scheint 😀

Grüße
Der Mario
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von YoGie »

Moin zusammen,

auch wenn man natürlich rein handwerklich auch zu pragmatischen Lösungen kommen kann, darf man nicht die Leistungen der frühen Naturphilosophen, Physiker und Erfinder nicht verkennen, ohne die wir alle nicht elektrisch mit FU drechseln könnten.

Ich fand die Lösung auch verblüffend und überhaupt nicht intuitiv - selbst eine Kugel mit 100 Meter Durchmesser bräuchte gemessen am Wind ja nur einen Sockel mit wenigen cm Durchmesser (ein starres Fundament darunter vorausgesetzt). Ich habe auch "fieberhaft" noch einem Fehler im Ansatz gesucht, konnte aber keinen finden.

[mention]SteffenM[/mention] Das geht ohne Winkel! Wenn Du sinalpha= d_sockel/d_kugel = F_W / (Wurzel(F_W^2+F_g^2)) setzt (pythagoras).
Wenn man das einsetzt und bisschen umformt sieht man, dass sich der Kugeldurchmesser (erst) ab einem bestimmten Wert rauskürzt, was ja logisch ist:
Eine 4cm Kugel fällt durch einen 5cm Sockel.
Mit 1000kg/m³ bist Du aber schon bei den ganz schweren exotischen Hölzern. Aber selbst wenn man eine geringere Dichte annimmt, ist die Lösung nur geringfügig größer und noch genauso verblüffend.

Viele Grüße

Johannes - der seine Zeit ab und zu auch mit derart "praxisfremder" grauer Theorie verschwendet ;-)
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Re: Die rätselhafte Lust, Kugeln zu drehen

Beitrag von SteffenM »

YoGie hat geschrieben: 06.05.2022 - 09:00:21
Mit 1000kg/m³ bist Du aber schon bei den ganz schweren exotischen Hölzern. Aber selbst wenn man eine geringere Dichte annimmt, ist die Lösung nur geringfügig größer und noch genauso verblüffend.
Hallo Johannes,

bei der handlichen Formel mit der 19378 unterm Bruchstrich habe ich eine Dichte von 800 kg/m³ angesetzt. Das müsste für unsere heimischen Laubbäume hinkommen.

Schöne Grüße!
Steffen
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