Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Moderator: Forenteam
- Helfried
- Eure Durchlicht
- Beiträge: 1603
- Registriert: 15.08.2009 - 07:41:29
- Name: Helfried-
- Ort: Graz
Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Liebe Leute,
kurz nocheinmal die Ausgangslage: Dieses Figurenset (18. Jahrhundert, Russland), hier Turm, Springer, Läufer
will ich - leicht verändert - drechseln, und zwar zum zweitenmal nach 2012.
Mein "modernisierter" Entwurf soll ungefähr so aussehen:
Die Herausforderung ist der Springer. Vor 10 Jahren habe ich es mir leicht gemacht und die Silhouette, die Seitenansicht eines Pferdevorderteils, aus einem Brettchen ausgesägt und mittels angedrechselten Zapfens mit dem getrennt gedrehten Sockel verleimt.
Sieht so aus:
Und ich war nie gänzlich zufrieden damit. Nicht ganz so "flächig", und aus einem Stück Holz sollen die neuen werden.
...................................
"Kantigdrechseln", "kantig drehen"(auf englisch "therming") kommt mir in den Sinn.
Dazu muß ich noch eine Zwischenbemerkung anbringen: Ich bin über Mike Darlow's "Woodturning Methods", Stobart Davies 1999, S. 111 ff., auf diese Methode gestossen. Im "Spannagel" habe ich keine Zeile dazu gefunden, Steinert ("Drechseln in Holz") erwähnt das Kantigdrechseln nur sehr beiläufig.
Erst später habe ich in Knoppes "Meistertechniken der Drechselkunst", 1926, eine ausführliche Beschreibung gesehen, ab Seite 39.
Der 2015 verstorbene Drechslermeister Sigi Angerer hat diese Technik wieder bekannt gemacht.
Für mich ist "Kantigdrechseln" eine Art von Versetztdreherei mit zwei oder mehr Achsen, die deutlich ausserhalb des Werkstückes liegen. Die oft gezeigten "dreieckigen" Dosen oder Gewürzmühlen, bei denen die Achsen innerhalb liegen, fallen für mich nicht darunter. Beim Kantigdrechseln werden mehrere bis sehr viele Werkstücke zugleich bearbeitet.
Dafür spannen wir sie in eine "Trommel".
Meine Trommel, ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, aus den wertvollsten Rohstoffen, für teures Geld aus Übersee eingeflogen,
hier zerlegt in Einzelteile:
Aber: Der Bereich der Kehle, der Unterseite der Schnauze sozusagen (wie sagt ein Pferdekenner dazu?), macht mir Sorgen:
Hier "blind", notwendigerweise schabend, eine Mehrzahl von Werkstücken mit viel "Luft" dazwischen ...
Das krieg ich nicht hin.
Also: Reifendrehen!
Ich verleime einen Rohling aus Einzelteilen und spanne ihn per Planscheibe und Rollkörner:
Ihr seht schon, es kommt noch eine Methode ins Spiel, nämlich "Kunstdrechseln".
Die flache Handauflage - in diesem Fall nur Werkzeugauflage - erlaubt mir den kontrollierten Einsatz meiner Spezialwerkzeuge;
Diese Dinger habe ich mir aus billigen Stemmeisen zurechtgeschliffen - sie werden nacheinander auf der flachen Werkzeugauflage eingesetzt.
Nur bestimmte Bereiche sind geschärft, andere dienen als "Anlage", als "Anschlag".
Die Drehzahl ist gering, die Konzentration höchst.
Keine Fotos, ihr würdet ohnehin nichts sehen - ich sehe auch nichts.
Zwischenergebnis nach diesem "kunstdrechslerischen Reifendrehen":
Ich drehe noch die "Unterseite" plan:
und bringe Zentrierbohrungen für die einzelnen Rohlinge an (kein Bild).
Dann zerlege ich den "Reifen" mit der Bandsäge:
Schaut ganz gut aus, nicht wahr:
Aber, liebe Leute: für heute ist es wieder genug!
Es folgt Teil 3, demnächst.
Beste Wünsche einstweilen
Helfried
kurz nocheinmal die Ausgangslage: Dieses Figurenset (18. Jahrhundert, Russland), hier Turm, Springer, Läufer
will ich - leicht verändert - drechseln, und zwar zum zweitenmal nach 2012.
Mein "modernisierter" Entwurf soll ungefähr so aussehen:
Die Herausforderung ist der Springer. Vor 10 Jahren habe ich es mir leicht gemacht und die Silhouette, die Seitenansicht eines Pferdevorderteils, aus einem Brettchen ausgesägt und mittels angedrechselten Zapfens mit dem getrennt gedrehten Sockel verleimt.
Sieht so aus:
Und ich war nie gänzlich zufrieden damit. Nicht ganz so "flächig", und aus einem Stück Holz sollen die neuen werden.
...................................
"Kantigdrechseln", "kantig drehen"(auf englisch "therming") kommt mir in den Sinn.
Dazu muß ich noch eine Zwischenbemerkung anbringen: Ich bin über Mike Darlow's "Woodturning Methods", Stobart Davies 1999, S. 111 ff., auf diese Methode gestossen. Im "Spannagel" habe ich keine Zeile dazu gefunden, Steinert ("Drechseln in Holz") erwähnt das Kantigdrechseln nur sehr beiläufig.
Erst später habe ich in Knoppes "Meistertechniken der Drechselkunst", 1926, eine ausführliche Beschreibung gesehen, ab Seite 39.
Der 2015 verstorbene Drechslermeister Sigi Angerer hat diese Technik wieder bekannt gemacht.
Für mich ist "Kantigdrechseln" eine Art von Versetztdreherei mit zwei oder mehr Achsen, die deutlich ausserhalb des Werkstückes liegen. Die oft gezeigten "dreieckigen" Dosen oder Gewürzmühlen, bei denen die Achsen innerhalb liegen, fallen für mich nicht darunter. Beim Kantigdrechseln werden mehrere bis sehr viele Werkstücke zugleich bearbeitet.
Dafür spannen wir sie in eine "Trommel".
Meine Trommel, ein Wunderwerk der Ingenieurskunst, aus den wertvollsten Rohstoffen, für teures Geld aus Übersee eingeflogen,
hier zerlegt in Einzelteile:
Aber: Der Bereich der Kehle, der Unterseite der Schnauze sozusagen (wie sagt ein Pferdekenner dazu?), macht mir Sorgen:
Hier "blind", notwendigerweise schabend, eine Mehrzahl von Werkstücken mit viel "Luft" dazwischen ...
Das krieg ich nicht hin.
Also: Reifendrehen!
Ich verleime einen Rohling aus Einzelteilen und spanne ihn per Planscheibe und Rollkörner:
Ihr seht schon, es kommt noch eine Methode ins Spiel, nämlich "Kunstdrechseln".
Die flache Handauflage - in diesem Fall nur Werkzeugauflage - erlaubt mir den kontrollierten Einsatz meiner Spezialwerkzeuge;
Diese Dinger habe ich mir aus billigen Stemmeisen zurechtgeschliffen - sie werden nacheinander auf der flachen Werkzeugauflage eingesetzt.
Nur bestimmte Bereiche sind geschärft, andere dienen als "Anlage", als "Anschlag".
Die Drehzahl ist gering, die Konzentration höchst.
Keine Fotos, ihr würdet ohnehin nichts sehen - ich sehe auch nichts.
Zwischenergebnis nach diesem "kunstdrechslerischen Reifendrehen":
Ich drehe noch die "Unterseite" plan:
und bringe Zentrierbohrungen für die einzelnen Rohlinge an (kein Bild).
Dann zerlege ich den "Reifen" mit der Bandsäge:
Schaut ganz gut aus, nicht wahr:
Aber, liebe Leute: für heute ist es wieder genug!
Es folgt Teil 3, demnächst.
Beste Wünsche einstweilen
Helfried
Alles Ringeldings, liebe Leute!
- Jesse
- Beiträge: 1038
- Registriert: 13.10.2015 - 16:51:01
- Ort: Altkreis Crailsheim
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Hallo Helfried, ich bin begeistert. Tolle Berichte.
Mach bitte weiter damit.
Gruß Jesse
Mach bitte weiter damit.
Gruß Jesse
- Matthias S
- Beiträge: 888
- Registriert: 15.02.2006 - 21:00:01
- Name: Matthias Schmutzler
- PLZ: 21502
- Ort: Geesthacht
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Hallo Helfried,
tolle Arbeit, toller Beitrag.
Ich freu mich auf mehr.
Matthias
tolle Arbeit, toller Beitrag.
Ich freu mich auf mehr.
Matthias
-
- Beiträge: 57
- Registriert: 08.04.2019 - 10:48:09
- Name: Michael Glanz
- PLZ: 16321
- Ort: Bernau
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Hallo Hellfried,
es macht Spaß, sich in deine Gedankengänge zu versetzen und dir beim Tüfteln "zuzusehen"
Freue mich auf die Fortsetzung und das Ergebnis.
Viele Grüße aus Bernau
Micha
es macht Spaß, sich in deine Gedankengänge zu versetzen und dir beim Tüfteln "zuzusehen"
Freue mich auf die Fortsetzung und das Ergebnis.
Viele Grüße aus Bernau
Micha
Also lautet der Beschluss, dass der Mensch was drechseln muss
- Mr. Wood
- Beiträge: 4218
- Registriert: 25.05.2007 - 08:11:04
- Name: Lutz Brauneck
- PLZ: 54597
- Ort: Rommersheim
- Kontaktdaten:
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
tolle Arbeit, toller Beitrag.
Ich freu mich auf mehr.
geht mir auch so
Gruß aus der Eifel
Lutz
"Man muß sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man zur Verfügung hat."
Theodor Storm
Lutz
"Man muß sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man zur Verfügung hat."
Theodor Storm
- Schnecke
- Co-Admin
- Beiträge: 3093
- Registriert: 06.08.2009 - 19:39:42
- Name: Christian Rieger
- PLZ: 85122
- Ort: Hitzhofen, Hochstr. 7 a
- Kontaktdaten:
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Hallo Helfried,
excellent und lehrreich - mehr fällt mir dazu nicht ein
DANKE für diesen Bericht
Schöne Grüße
an "den Tüftler und Trommler"
von Christian
excellent und lehrreich - mehr fällt mir dazu nicht ein
DANKE für diesen Bericht
Schöne Grüße
an "den Tüftler und Trommler"
von Christian
Ich bin Mitglied beim Mittelbayerischen Drechslerstammtisch in Wettstetten
- Helfried
- Eure Durchlicht
- Beiträge: 1603
- Registriert: 15.08.2009 - 07:41:29
- Name: Helfried-
- Ort: Graz
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Herzlichen Dank für die zustimmenden Worte, liebe Leute, ich freue mich sehr!
Umso mehr drückt mich mein Gewissen, ich habe mich gestern zu knapp und mißverständlich ausgedrückt, als ich den "Reifen" und
meine "Kunstdrechselwerkzeuge" zeigte:
Diese Werkzeuge und die schabende Technik habe ich nur im tiefliegenden "Kehlbereich" eingesetzt.
Die zugänglicheren Teile der "Walze" habe ich klassisch mit Röhre und Meissel "geschnitten".
Das Werkstück lässt sich in dieser Form auch sehr gut schleifen, die Front meine Schlachtrösser ist damit schon fertig für die Oberflächenbehandlung.
Abgesehen vom hinterschnittenen Kehlbereich, der braucht noch ein wenig händisches Nachschleifen, ganz zum Schluss.
Bis demnächst
Helfried
Umso mehr drückt mich mein Gewissen, ich habe mich gestern zu knapp und mißverständlich ausgedrückt, als ich den "Reifen" und
meine "Kunstdrechselwerkzeuge" zeigte:
Diese Werkzeuge und die schabende Technik habe ich nur im tiefliegenden "Kehlbereich" eingesetzt.
Die zugänglicheren Teile der "Walze" habe ich klassisch mit Röhre und Meissel "geschnitten".
Das Werkstück lässt sich in dieser Form auch sehr gut schleifen, die Front meine Schlachtrösser ist damit schon fertig für die Oberflächenbehandlung.
Abgesehen vom hinterschnittenen Kehlbereich, der braucht noch ein wenig händisches Nachschleifen, ganz zum Schluss.
Bis demnächst
Helfried
Alles Ringeldings, liebe Leute!
- hawokle
- Beiträge: 1221
- Registriert: 08.12.2010 - 16:29:59
- Name: hawokle
- PLZ: 69483
- Ort: Wald-Michelbach
Re: Schach: Springer aus der Trommel (Teil 2)
Hallo Helfried ....
... den Springer so zu fertigen, bzw. beim Fertigen zuschauen zu dürfen/können ...
ist sicherlich ganz großes Kino .
Schon das Werkzeug /Schleifen/Anfertigen ... große Klasse ... -schön für's Zeigen .
Wann kommt Teil 3 ...
... den Springer so zu fertigen, bzw. beim Fertigen zuschauen zu dürfen/können ...
ist sicherlich ganz großes Kino .
Schon das Werkzeug /Schleifen/Anfertigen ... große Klasse ... -schön für's Zeigen .
Wann kommt Teil 3 ...
schreibt.....herzlichst Hans-Wolfgang,
der WalDmichelb_Ach(d)ER ...!....!
der WalDmichelb_Ach(d)ER ...!....!