Nicht ganz mein Stil
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- Helfried
- Eure Durchlicht
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Nicht ganz mein Stil
Liebe Leute,
ich habe euch ja schon ein paar Mal mitgeteilt, dass ich sehr gern "kopiere": Wenn mich ein gedrechselter Gegenstand - oder vielleicht
auch eine auf der Töpferscheibe entstandene Form - anspricht, versuche ich gern, mir die Form anzueignen, sie verstehen zu lernen,
indem ich sie nachzumachen versuche.
Natürlich mit unterschiedlichem Erfolg ...
Die Formen in den folgenden Bildern sprechen eigentlich nicht zu mir. Sind nicht ganz "mein Stil".
Ins Kopieren habe ich aber eingewilligt - für (wenig) Geld und (sehr viele) gute Worte.
Weil mich die Sache technisch interessiert hat: Wie gehe ich das rationell an? Wie hat der Handwerker damals gearbeitet?
Werkzeugeinsatz, Schnittreihenfolge ...
Es geht um Ersatzteile für zwei alte Stühle.
Die Lehnen sind soweit in Ordnung:
Detto die Sitzflächen:
Aber hier fehlt ganz deutlich etwas:
Und auch hier:
Zwei Stühle mit ganz ähnlichen Mängeln, jeweils ein Hinterbein an derselben Stelle gebrochen und fehlend und
je eine Verbindungssprosse fehlend. Nussbaum (höchstwahrscheinlich). Leder, Messingnägel, Schellack.
Herstellung um 1860 (?), laut Auftraggeber.
Ich starte mit der Vermessung und einer daraus sich ergebenden Zeichnung:
Offensichtlich hat der Hersteller des Originals Holz gespart, indem er eine Kantel 45 mal 45 mm mit Aufleimern versehen hat,
damit er einen größten Durchmesser von 62 mm errreicht. Im Bild (undeutlich) ein Oval links der Mitte:
So mach ich es auch:
Und drehe den Rohling "stufenweise" auf Mass:
Aus diesen "Stufen" entstehen dann die Formen (am fertigen Rundstab leichte Rattermarken!):
Und schon (Achtung Ironie!) sind die Teile fertig:
Jetzt nur noch die Verbindungssprossen!
Maßzeichung einer halben Sprosse:
Diese Teile sind 545mm lang und sehr schlank, daher spanne ich mit Backen:
Reitstockseitig soll ein Stützring die Vibrationen minimieren:
Aber nur der Einsatz meiner Lünette beruhigt das Werkstück, sodass ca. 700 Umdrehungen/Minute möglich sind:
Und vor dem Schleifen schaut es dann so aus (nur halbes Werkstück):
Fertige Sprossen (wieder nur halbe) und die verwendeten Werkzeuge:
Die "Ersatzteile" werden von einem Tischler noch beschnitzt, mit Schellack behandelt und dann eingebaut (an den Beinen
habe ich an der Bruchstelle einen 24 mm Zapfen angedreht, der zur Verbindung dienen wird).
Liebe Leute!
Über Kommentare, Kritik und Fragen die ev. offen geblieben sind, würde ich mich freuen.
Sehr freuen würde ich mich, wenn mir jemand die Zeit der Entstehung (1860?) bestätigen oder weiterführende Informationen
zu dieser Stilrichtung im Möbelbau geben könnte.
Helfried
ich habe euch ja schon ein paar Mal mitgeteilt, dass ich sehr gern "kopiere": Wenn mich ein gedrechselter Gegenstand - oder vielleicht
auch eine auf der Töpferscheibe entstandene Form - anspricht, versuche ich gern, mir die Form anzueignen, sie verstehen zu lernen,
indem ich sie nachzumachen versuche.
Natürlich mit unterschiedlichem Erfolg ...
Die Formen in den folgenden Bildern sprechen eigentlich nicht zu mir. Sind nicht ganz "mein Stil".
Ins Kopieren habe ich aber eingewilligt - für (wenig) Geld und (sehr viele) gute Worte.
Weil mich die Sache technisch interessiert hat: Wie gehe ich das rationell an? Wie hat der Handwerker damals gearbeitet?
Werkzeugeinsatz, Schnittreihenfolge ...
Es geht um Ersatzteile für zwei alte Stühle.
Die Lehnen sind soweit in Ordnung:
Detto die Sitzflächen:
Aber hier fehlt ganz deutlich etwas:
Und auch hier:
Zwei Stühle mit ganz ähnlichen Mängeln, jeweils ein Hinterbein an derselben Stelle gebrochen und fehlend und
je eine Verbindungssprosse fehlend. Nussbaum (höchstwahrscheinlich). Leder, Messingnägel, Schellack.
Herstellung um 1860 (?), laut Auftraggeber.
Ich starte mit der Vermessung und einer daraus sich ergebenden Zeichnung:
Offensichtlich hat der Hersteller des Originals Holz gespart, indem er eine Kantel 45 mal 45 mm mit Aufleimern versehen hat,
damit er einen größten Durchmesser von 62 mm errreicht. Im Bild (undeutlich) ein Oval links der Mitte:
So mach ich es auch:
Und drehe den Rohling "stufenweise" auf Mass:
Aus diesen "Stufen" entstehen dann die Formen (am fertigen Rundstab leichte Rattermarken!):
Und schon (Achtung Ironie!) sind die Teile fertig:
Jetzt nur noch die Verbindungssprossen!
Maßzeichung einer halben Sprosse:
Diese Teile sind 545mm lang und sehr schlank, daher spanne ich mit Backen:
Reitstockseitig soll ein Stützring die Vibrationen minimieren:
Aber nur der Einsatz meiner Lünette beruhigt das Werkstück, sodass ca. 700 Umdrehungen/Minute möglich sind:
Und vor dem Schleifen schaut es dann so aus (nur halbes Werkstück):
Fertige Sprossen (wieder nur halbe) und die verwendeten Werkzeuge:
Die "Ersatzteile" werden von einem Tischler noch beschnitzt, mit Schellack behandelt und dann eingebaut (an den Beinen
habe ich an der Bruchstelle einen 24 mm Zapfen angedreht, der zur Verbindung dienen wird).
Liebe Leute!
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Sehr freuen würde ich mich, wenn mir jemand die Zeit der Entstehung (1860?) bestätigen oder weiterführende Informationen
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Helfried
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- Matthias S
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
das hast Du super hinbekommen.
Ich hatte auch schon solche Aufträge und fand diese als Herausforderung immer klasse.
Hölzerne Grüße
Peter
das hast Du super hinbekommen.
Ich hatte auch schon solche Aufträge und fand diese als Herausforderung immer klasse.
Hölzerne Grüße
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„Wir haben diese Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern nur von unseren Kindern geliehen.“
- dalbergia_63
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
erst mal herzlichen Dank für die ausführliche Dokumentation des Projektes. Deine Einschätzung der Entstehungszeit des Originals würde ich teilen... sehr üppige, fast manierierte Formensprache.
Mir als ehemaligem Lederverarbeiter gefallen besonders die Lederpräge-/Punzierarbeiten an den Lehnen und den Sitzflächen.
Zu Deiner Reproduktion: Super gemacht, sauber geschnitten - Hut ab! Sauber, wie Du die Profile zeichnerisch abgenommen hast, das erfreut des Schreiners Herz!
Mit handwerklich-kollegialen Grüßen nach Graz
Heinz
erst mal herzlichen Dank für die ausführliche Dokumentation des Projektes. Deine Einschätzung der Entstehungszeit des Originals würde ich teilen... sehr üppige, fast manierierte Formensprache.
Mir als ehemaligem Lederverarbeiter gefallen besonders die Lederpräge-/Punzierarbeiten an den Lehnen und den Sitzflächen.
Zu Deiner Reproduktion: Super gemacht, sauber geschnitten - Hut ab! Sauber, wie Du die Profile zeichnerisch abgenommen hast, das erfreut des Schreiners Herz!
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"To everything (turn, turn, turn)
There is a season (turn, turn, turn)
And a time to every purpose, under heaven"
Pete Seeger
... welch ein Lied für einen drechselnden Musiker!
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
ich habe großen Respekt vor deiner Arbeit. Ich hätte sie mir nicht angetan.
Gruß
Cello
ich habe großen Respekt vor deiner Arbeit. Ich hätte sie mir nicht angetan.
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Vertraue den Aussagen im Internet niemals blind. (Marcus Aurelius)
nach Jan Lipowski
www.touch-wood.de
https://www.youtube.com/results?search_ ... essau_wood
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- Jesse
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
Hut ab vor der tollen Arbeit. Das ist für mich Drechslerarbeit.
Die Form aufnehmen und reproduzieren.
Das ist was anderes wie Freiformdrechseln,wie es die meisten von uns machen.
So könnte ich es nicht. Daher meine Hochachtung.
Gruß Jesse
Hut ab vor der tollen Arbeit. Das ist für mich Drechslerarbeit.
Die Form aufnehmen und reproduzieren.
Das ist was anderes wie Freiformdrechseln,wie es die meisten von uns machen.
So könnte ich es nicht. Daher meine Hochachtung.
Gruß Jesse
- wippdrechsler
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- loni
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
die fertigen Teile sind klasse geworden. Ich finde es immer wieder beeindruckend wieviel Geduld die Leute in solche Projekte stecken können. Ich habe das Gefühl es geht vielmehr um den Prozess und das machen, als um das fertige Produkt. Irgendwann wünsche ich mir auch die Ruhe und Geduld, damit ich mich mit komplexeren Aufgaben auseinandersetzen kann.
Viele Grüße
Loni
die fertigen Teile sind klasse geworden. Ich finde es immer wieder beeindruckend wieviel Geduld die Leute in solche Projekte stecken können. Ich habe das Gefühl es geht vielmehr um den Prozess und das machen, als um das fertige Produkt. Irgendwann wünsche ich mir auch die Ruhe und Geduld, damit ich mich mit komplexeren Aufgaben auseinandersetzen kann.
Viele Grüße
Loni
- GentleTurn
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Re: Nicht ganz mein Stil
Moin Helfried,
Du hast Dir eine sehr ambitionierte Aufgabe gestellt und sie angenommen. Und, was das Beste ist: Sie hervorragend umgesetzt! Klassisches Drechseln "at its best". Herr Spannagel wäre mit Sicherheit begeistert gewesen.
Ferner hast Du einen ausführlichen und nachvollziehbaren Bericht geschrieben. Danke dafür.
Ich hoffe, dass die / der Auftraggeber ebenfalls zufrieden ist.
Du hast Dir eine sehr ambitionierte Aufgabe gestellt und sie angenommen. Und, was das Beste ist: Sie hervorragend umgesetzt! Klassisches Drechseln "at its best". Herr Spannagel wäre mit Sicherheit begeistert gewesen.
Ferner hast Du einen ausführlichen und nachvollziehbaren Bericht geschrieben. Danke dafür.
Ich hoffe, dass die / der Auftraggeber ebenfalls zufrieden ist.
Liebe Grüße, Martin.
Ich bin verantwortlich für das, was ich sage und nicht für das, was du verstehst.
Videos und hilfreiche Playlisten (nicht nur) für Einsteiger auf YouTube und Fotos auf Instagram.
Ich bin verantwortlich für das, was ich sage und nicht für das, was du verstehst.
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- Maxy
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- Registriert: 16.11.2019 - 18:33:24
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- PLZ: 76646
- Ort: Bruchsal - Obergrombach
Re: Nicht ganz mein Stil
Die Geduld und Präzision von Helfried bewundere ich auch. Und auch das Abgrenzen, diese andere Herausforderung (er schreibt ja, nicht mein Stil) anzunehmen und an entsprechender Stelle - Schnitzereien! - wieder abzugeben.
Aber noch was ganz anderes:
Als ich mir das erste Bild angeschaut habe, habe ich gedacht, auf so einem Stuhl sitzt bestimmt jeder mit super aufrechtem Rücken! - Weil man Angst hat, mit rundem Rücken beißt einem das Monster in die Wirbelsäule!
Aber noch was ganz anderes:
Als ich mir das erste Bild angeschaut habe, habe ich gedacht, auf so einem Stuhl sitzt bestimmt jeder mit super aufrechtem Rücken! - Weil man Angst hat, mit rundem Rücken beißt einem das Monster in die Wirbelsäule!
Ich finde für jede Lösung ein Problem!
-
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- Registriert: 21.09.2015 - 16:36:41
- Name: Wolfgang Hundel
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- Ort: Radevormwald
Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
deine Motivation zu kopieren finde ich überaus bemerkenswert, meine Hochachtung.
Meistens wird ja kopiert, um ohne sich selber Gedanken etc. machen zu müssen schnelles
Geld zu verdienen. Du aber machst dir enorm viel Arbeit, indem du alles bis ins kleinste Detail
analysierst und nachvollziehst und fertigst dann eine qualitativ hervorragende Drechselarbeit.
Respekt und Hut ab. Du bist schon ein Künstler.
Mit besten Grüßen
Wolfgang
deine Motivation zu kopieren finde ich überaus bemerkenswert, meine Hochachtung.
Meistens wird ja kopiert, um ohne sich selber Gedanken etc. machen zu müssen schnelles
Geld zu verdienen. Du aber machst dir enorm viel Arbeit, indem du alles bis ins kleinste Detail
analysierst und nachvollziehst und fertigst dann eine qualitativ hervorragende Drechselarbeit.
Respekt und Hut ab. Du bist schon ein Künstler.
Mit besten Grüßen
Wolfgang
Alles außer gewöhnlich
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
Bericht und gezeigte Arbeit sind allererste Sahne! Vielen Dank.
Zur zeitlichen Einschätzung: In dem Buch "Gründerzeitmöbel" von Prof. Haaff sind mehrere sehr(!) ähnliche Stühle abgebildet, diese sind alle um 1880/90 datiert.
Rainer
Bericht und gezeigte Arbeit sind allererste Sahne! Vielen Dank.
Zur zeitlichen Einschätzung: In dem Buch "Gründerzeitmöbel" von Prof. Haaff sind mehrere sehr(!) ähnliche Stühle abgebildet, diese sind alle um 1880/90 datiert.
Rainer
- BeRo
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
Ich bin zum Kleiderständer gelaufen und habe meine Hut gefaßt, und wieder abgenommen.
Du sagst, dass es nicht dein Stil ist. Auch meiner nicht. Aber, aber, es war ein sehr gute Übung, beinahe eine Abitur. Und du bist durch!
Mit herzlichen Grüßen von -4m70 NAP,
Bert Rosbach.
Ich bin zum Kleiderständer gelaufen und habe meine Hut gefaßt, und wieder abgenommen.
Du sagst, dass es nicht dein Stil ist. Auch meiner nicht. Aber, aber, es war ein sehr gute Übung, beinahe eine Abitur. Und du bist durch!
Mit herzlichen Grüßen von -4m70 NAP,
Bert Rosbach.
- KensingtonChap
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
wieder einmal eine wunderbare Arbeit und ein super Arbeitsbericht. Danke fürs Zeigen. Zum Entstehungsjahr: Das wäre dann auf alle Fälle eines der wenigen schönen Dinge die im Jahr 1859+1 entstanden sind.
Rote bayerische Grüße
Max
wieder einmal eine wunderbare Arbeit und ein super Arbeitsbericht. Danke fürs Zeigen. Zum Entstehungsjahr: Das wäre dann auf alle Fälle eines der wenigen schönen Dinge die im Jahr 1859+1 entstanden sind.
Rote bayerische Grüße
Max
Saufts ned so vui! Trinkt´s lieber a Bier! - Karl Valentin -
Killinger KM1500SE
Heyligenstaedt Bj. 1946
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried
eine sehr anspruchsvolle Arbeit hast du da gefertigt - Chapeau
Aber du hast absolut recht: an solchen Arbeiten sind viele Lernprozesse versteckt und des Drechslers Niveau steigt bei jeder solchen Aufgabe...
lg
Roland
eine sehr anspruchsvolle Arbeit hast du da gefertigt - Chapeau
Aber du hast absolut recht: an solchen Arbeiten sind viele Lernprozesse versteckt und des Drechslers Niveau steigt bei jeder solchen Aufgabe...
lg
Roland
Herzliche Grüsse aus der Schweiz
Roland
http://woodturningandmore.jimdo.com
Drechselkurse in Rheinfelden auf Drechselbänken von Vicmarc (VL100/VL150/VL300)
Roland
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- scoutybroetchen
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
vielen Dank für den ausführlichen Arbeitsbericht.
Du hast ein ambitioniertes Projekt angefangen und aus meiner Sicht hervorragend umgesetzt.
Ich ziehe meinen Hut und hoffe, mir von deiner sorgfältigen und systematischen Arbeitsweise eine Scheibe abschneiden zu können.
Gruß
Schmitti
vielen Dank für den ausführlichen Arbeitsbericht.
Du hast ein ambitioniertes Projekt angefangen und aus meiner Sicht hervorragend umgesetzt.
Ich ziehe meinen Hut und hoffe, mir von deiner sorgfältigen und systematischen Arbeitsweise eine Scheibe abschneiden zu können.
Gruß
Schmitti
- Helfried
- Eure Durchlicht
- Beiträge: 1594
- Registriert: 15.08.2009 - 07:41:29
- Name: --
- Ort: Graz
Re: Nicht ganz mein Stil
Liebe Leute,
vielen vielen Dank für die "Danksagungen", herzlichen Dank für die Rückmeldungen!
[mention]dalbergia_63[/mention] und [mention]Dilettant[/mention] : Die zeitliche Einordnung der Entstehung passt also
ungefähr - die Stühle sind grob gesagt eineinhalb Jahrhunderte alt - [mention]KensingtonChap[/mention] : Muß ein Grazer
das verstehen mit dem Jahr 1859 + 1? (Eine Ahnung habe ich ja: Ein runder Gegenstand aus Leder dürfte eine Rolle spielen, nicht wahr?)
[mention]GentleTurn[/mention] : Der Auftraggeber war zufrieden. (Da war er auch gut beraten!!!)
[mention]loni[/mention] :
Einige von euch haben die Geduld angesprochen, die für so was notwendig ist: Das Projekt war vom zeitlichen Aufwand gesehen gar
nicht sooo umfangreich, insgesamt acht Stunden, wenn ich die Fotografiererei, die Verhandlungen mit dem Auftraggeber und das Reparieren
eines groben, durch Unkonzentriertheit verursachten Fehlers nicht rechne. Eine Stunde Rohlingsvorbereitung (Sägen, Hobeln, Verleimen),
eine Stunde Maßnehmen und Zeichnen, fast 2 Stunden Drechseln je Stuhlbein und eine Stunde Drechselarbeit pro Sprosse.
Wenn der Hersteller im 19. Jahrhundert auch so lang gebraucht hätte, wären die Möbel natürlich unbezahlbar gewesen ...
Nocheinmal vielen Dank euch allen!
Helfried
vielen vielen Dank für die "Danksagungen", herzlichen Dank für die Rückmeldungen!
[mention]dalbergia_63[/mention] und [mention]Dilettant[/mention] : Die zeitliche Einordnung der Entstehung passt also
ungefähr - die Stühle sind grob gesagt eineinhalb Jahrhunderte alt - [mention]KensingtonChap[/mention] : Muß ein Grazer
das verstehen mit dem Jahr 1859 + 1? (Eine Ahnung habe ich ja: Ein runder Gegenstand aus Leder dürfte eine Rolle spielen, nicht wahr?)
[mention]GentleTurn[/mention] : Der Auftraggeber war zufrieden. (Da war er auch gut beraten!!!)
[mention]loni[/mention] :
Genau so sehe ich das.Ich habe das Gefühl es geht vielmehr um den Prozess und das machen, als um das fertige Produkt.
Einige von euch haben die Geduld angesprochen, die für so was notwendig ist: Das Projekt war vom zeitlichen Aufwand gesehen gar
nicht sooo umfangreich, insgesamt acht Stunden, wenn ich die Fotografiererei, die Verhandlungen mit dem Auftraggeber und das Reparieren
eines groben, durch Unkonzentriertheit verursachten Fehlers nicht rechne. Eine Stunde Rohlingsvorbereitung (Sägen, Hobeln, Verleimen),
eine Stunde Maßnehmen und Zeichnen, fast 2 Stunden Drechseln je Stuhlbein und eine Stunde Drechselarbeit pro Sprosse.
Wenn der Hersteller im 19. Jahrhundert auch so lang gebraucht hätte, wären die Möbel natürlich unbezahlbar gewesen ...
Nocheinmal vielen Dank euch allen!
Helfried
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Re: Nicht ganz mein Stil
Gibt es eigentlich eine Aufnahme vom ganzen - reparierten - Stuhl?
... möge es Glück bringen ...
- Helfried
- Eure Durchlicht
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Re: Nicht ganz mein Stil
Nein, Wolfgang, leider, jedenfalls noch nicht: Der Auftraggeber hat die Teile erst vorgestern bei mir abgeholt, und derGibt es eigentlich eine Aufnahme vom ganzen - reparierten - Stuhl?
Tischler/Schnitzer/Restaurator, der das Werk vollenden soll, ist mir persönlich unbekannt.
Falls ich ein Bild bekommen sollte, zeig ich es hier.
Ein Bild vom "Wirbelsäulenmonster" (co. "Maxy") muß vorläufig genügen:
Beste Wünsche
Helfried
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo
Ich finde deine Arbeit auch sehr interessant und auch perfekt ausgeführt.
Eine Frage : Warum musstest du das Holz aufleimen ? Stand kein groß genuges Holzstück zur verfügung oder war es rein aus Spargründen?
Ich empfinde die Aufleimungen nämlich am fertigen Teil als nicht sehr schön.
Dann habe ich noch zu folgendem was zu bemerken:
Also nix mit 80€/h schon eher 8€/h oder weniger wenn überhaupt. Oft wurde auch mit Naturalien bezahlt.
Gruß
Anselm
Ich finde deine Arbeit auch sehr interessant und auch perfekt ausgeführt.
Eine Frage : Warum musstest du das Holz aufleimen ? Stand kein groß genuges Holzstück zur verfügung oder war es rein aus Spargründen?
Ich empfinde die Aufleimungen nämlich am fertigen Teil als nicht sehr schön.
Dann habe ich noch zu folgendem was zu bemerken:
Das glaub ich eher weniger denn mein Ur,urgroßvater war Ende des 19.Jahrhunder Tischler und was ich so von meiner Großtante in meiner Kindheit mitgekrigt habe war damals die Entlohnun eines Handwerker gar nicht so rosig.Wenn der Hersteller im 19. Jahrhundert auch so lang gebraucht hätte, wären die Möbel natürlich unbezahlbar gewesen ...
Also nix mit 80€/h schon eher 8€/h oder weniger wenn überhaupt. Oft wurde auch mit Naturalien bezahlt.
Gruß
Anselm
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Re: Nicht ganz mein Stil
Grissianer hat geschrieben: ↑04.06.2021 - 13:03:13Also nix mit 80€/h schon eher 8€/h oder weniger wenn überhaupt.
....80 € ist ja eher Verrechnungssatz. Und als Lohn darfst du eher (umgerechnet) 0,8 € annehmen. Ist aber schwer zu vergleichen. Eventuell konnte man sich ja damals für (umgerechnet) 0,8 € schon betrinken .
Habe hier in einem Buch Zahlen für Schreiner aus 1951: Meisterstunde 1,89 DM/Std., Geselle 1,45 DM/Std., Lehrling 0,10 DM/Std.
Mein Opa -Jahrgang 1900- begann mit 14 eine Lehre als Müller. Lohn gab es keinen. Freie Kost und Logis. Dafür mussten meine Urgroßeltern noch zahlen.
Er "durfte" dafür mind. 60 Stunden die Woche arbeiten.....
Ich denke Ende des 19. Jhd. war der Lohnanteil im Verhältnis zum Material eher gering.
Die Vergleichbarkeit zu heute ist aber wie gesagt schwierig- man müsste mal schauen, wie lange musste z.B. für ein Brot arbeiten, etc.
Rainer
- wolfgangsiegel
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Re: Nicht ganz mein Stil
immerhinEin Bild vom "Wirbelsäulenmonster"
Das Ganze ist auch nicht soo mein Geschmack, obwohl ich die Phantasie (mit PH ) in heutigen Entwürfen etwas vermisse.
Die viereckige Moderne (wenn man sich aktuelle Küchen ansieht zum Beispiel) finde ich im Prinzip gut. Die Dinge und die Form zu reduzieren ist oft mein Impuls, aber NUR Geraden und Rechte Winkel finde ich auf die Dauer zu einfallslos.
Deswegen ist mir der Stuhl sympatisch.
Beim Drechseln bleibt einem ja glücklicherweise wenig übrig, als auch Rundungen in die Werkstücke einzuarbeiten.
... möge es Glück bringen ...
- Helfried
- Eure Durchlicht
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Re: Nicht ganz mein Stil
Servus Anselm,
wie lang der Drechsler am Originalstück wohl gearbeitet hat? Rein die Drechselarbeit, ohne Schnitzen?
Vielleicht kannst du es besser einschätzen - so rein vom Gefühl her, würde ich mal sagen, müsste meine Arbeitszeit
sehr sehr deutlich zu unterbieten sein, wenn man
- Drechseln schon in jungen Jahren gelernt hat
- und viele gleiche oder gleichartige Werkstücke herstellt.
Es wurde damals offensichtlich so gemacht - wahrscheinlich aus Kostengründen.
Rein technisch wäre es auch recht umständlich, eine 65 mal 65 mm Kantel nur in einem Teilbereich auf 45 mal 45 abzuhobeln.
Das "Einarbeiten von Rundungen" hat in diesem Fall nicht nur die optische Erscheinung bestimmt, sondern auch für
eine knackige Sollbruchstelle der Hinterbeine gesorgt.
Helfried
wie lang der Drechsler am Originalstück wohl gearbeitet hat? Rein die Drechselarbeit, ohne Schnitzen?
Vielleicht kannst du es besser einschätzen - so rein vom Gefühl her, würde ich mal sagen, müsste meine Arbeitszeit
sehr sehr deutlich zu unterbieten sein, wenn man
- Drechseln schon in jungen Jahren gelernt hat
- und viele gleiche oder gleichartige Werkstücke herstellt.
Ich habe die Aufleimungen einfach dem Original nachempfunden.Eine Frage : Warum musstest du das Holz aufleimen ? Stand kein groß genuges Holzstück zur Verfügung oder war es rein aus Spargründen?
Ich empfinde die Aufleimungen nämlich am fertigen Teil als nicht sehr schön.
Es wurde damals offensichtlich so gemacht - wahrscheinlich aus Kostengründen.
Rein technisch wäre es auch recht umständlich, eine 65 mal 65 mm Kantel nur in einem Teilbereich auf 45 mal 45 abzuhobeln.
Wolfgang, ich glaub ich weiß, was du meinst.Die Dinge und die Form zu reduzieren ist oft mein Impuls, aber NUR Geraden und rechte Winkel finde ich auf die Dauer zu einfallslos.
Deswegen ist mir der Stuhl sympatisch.
Beim Drechseln bleibt einem ja glücklicherweise wenig übrig, als auch Rundungen in die Werkstücke einzuarbeiten
Das "Einarbeiten von Rundungen" hat in diesem Fall nicht nur die optische Erscheinung bestimmt, sondern auch für
eine knackige Sollbruchstelle der Hinterbeine gesorgt.
Helfried
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Re: Nicht ganz mein Stil
Hallo Helfried,
vielen Dank für Deien Bericht, es erinnert mich an viele änliche Arbeiten in der Werkstatt.
Ein Grund, warum in den 70erJahren eine Drehbank in unsere Schreienrei kam, war die Notwendigkeit bei Resaturierungen fehlende Teile zu ersetzen.
Schalen und Dosen waren da noch eher eine Nebenerscheinung.
Zu den aufgeleimten Plättchen habe ich die gleichen Argumente aufgeschrieben wie Du, ich füge es jetzt trotzdem ein.
Die Aufleimungen waren früher absolut üblich, ich würde es heute geanuso machen, auch wenn dickeres holz zur Verfügung steht.
Aus mehreren Gründen:
Der Fuß bleibt oben, wo die Zarge eingestemmt ist und unten beim Steg eckig, im kleinen Querschnitt, um die Holzverbindungen ausführen zu können.
Die Stemmarbeiten wurden eigentlich vor dem drechseln ausgeführt, am geraden ausgehobelten Fuß.
Denn das Zapfenloch war ja nicht auf der Kettenfräse oder Langloch eingebracht, sondern an der Hobelbank gespannt und gestemmt.
Der wichtigste Grund damals war sicher die Materialersparnis, denn der Nussbaum war früher je nach Gebiet auch teuer
und die Lohnkosten im Vergleich fast unbedeutend dazu.
Weiter geht es schneller die vier Plättchen aufzuleimen, als den ganzen Fuß vom großen auf den kleinen Durchmesser herunter zu drechseln.
In der Zeit vermutlich oft noch mit Fußantrieb.
Die Aufleimungen sieht man sehr oft an Tischfüßen, wo oben im Bereich der Zargen der Fuß eckig ist mit den Stemmlöchern,
und dann darunter die aufgeleimte flache „Kugel“ kommt, mit dem konischen Fuß.
Zu den beanspruchten Zeiten:
Die Drechsler im 19.Jhd waren hier vermutlich schneller als wir, aber vor allem deshalb, weil dies für sie Routine war und alltägliche Arbeit.
Der ständige Umgang mit solchen Formen, die nur „funktioniern“ wenn sie sauber gedreht sind.
Der Schnitt muss sitzen.
Es war der „Normalfall“, dass ein Drechsler einen sauberen Karnies dreht, der ohne Knick oder Buckel von der Hohlkehle in den Rundstab übergeht.
Zur Auzseinandersetzung mit historischen Drechselformen, "nicht ganz mein Stil":
Natürlich wurde in der Zeit des Historismus sehr viel übertreiben und die Gegenstände sind meist mit „Verzierungen“ überladen.
Es war ja auch der (oft gescheiterte) Versuch, Vergangenes zu Idealisieren und in die eigene Zeit zu holen.
Ich empfehle dennoch jedem, der mit dem Drechseln beginnt sich mit solchen Formen zu beschäftigen.
Rundstab, Platte und Hohlkehle. Mehr ist es nicht an Formen.
Eine Röhre, ein Meißel, mehr braucht es nicht.
Zudem ist seit je her der Taster im Zunftzeichen der Drechsler,
den brauche ich nur wenn ich gleiche Teile und nach Vorgabe produzieren will, und dies war täglich Arbeit.
Nicht nur technisch solche Profile drehen zu können, sondern auch sehen zu lernen wann eine Form stimmt,
wann passt ein Profilablauf im Ganzen, ist für mich grundlegend.
Nur die Aufreihung verschiedener Elemente ergibt noch lange kein gutes Möbel.
Also an alle die drechseln,
ab ins Museum, historische Drechselteile zeichnerisch aufnehmen und nachdrechseln wenn gerade kein kaputter Stuhl
auf die Restaurierung wartet. Hier gibt es in jeder Epoche lohnende Beispiele.
Oder die zweite Frage zur Übung:
Bin ich in der Lage, einen Tischfuß nach meinem Entwurf zu drechseln und es wird mir abgenommen,
dass er von eienem historischen Möbel stammt? ... Dann wird es schon spannend!
... und dies funktioniert schon mit der einfachsten Einsteigerdrehbank!
Dass dieser Weg, mit dem Verständniss und dem Wissen um historische Formen funktioniert,
zeigt uns hier im Forum immer wieder der Manfred Fa. mit seinen Arbeiten.
Der Anspruch an die eigenen Arbeiten daraus:
Formen zu reduzieren, ist sicher ein wichtiger Impuls in der Gestaltung.
Aber um dies einsetzen zu können, muss ich aber wissen was wegzulassen ist!
Hannes
vielen Dank für Deien Bericht, es erinnert mich an viele änliche Arbeiten in der Werkstatt.
Ein Grund, warum in den 70erJahren eine Drehbank in unsere Schreienrei kam, war die Notwendigkeit bei Resaturierungen fehlende Teile zu ersetzen.
Schalen und Dosen waren da noch eher eine Nebenerscheinung.
Zu den aufgeleimten Plättchen habe ich die gleichen Argumente aufgeschrieben wie Du, ich füge es jetzt trotzdem ein.
Die Aufleimungen waren früher absolut üblich, ich würde es heute geanuso machen, auch wenn dickeres holz zur Verfügung steht.
Aus mehreren Gründen:
Der Fuß bleibt oben, wo die Zarge eingestemmt ist und unten beim Steg eckig, im kleinen Querschnitt, um die Holzverbindungen ausführen zu können.
Die Stemmarbeiten wurden eigentlich vor dem drechseln ausgeführt, am geraden ausgehobelten Fuß.
Denn das Zapfenloch war ja nicht auf der Kettenfräse oder Langloch eingebracht, sondern an der Hobelbank gespannt und gestemmt.
Der wichtigste Grund damals war sicher die Materialersparnis, denn der Nussbaum war früher je nach Gebiet auch teuer
und die Lohnkosten im Vergleich fast unbedeutend dazu.
Weiter geht es schneller die vier Plättchen aufzuleimen, als den ganzen Fuß vom großen auf den kleinen Durchmesser herunter zu drechseln.
In der Zeit vermutlich oft noch mit Fußantrieb.
Die Aufleimungen sieht man sehr oft an Tischfüßen, wo oben im Bereich der Zargen der Fuß eckig ist mit den Stemmlöchern,
und dann darunter die aufgeleimte flache „Kugel“ kommt, mit dem konischen Fuß.
Zu den beanspruchten Zeiten:
Die Drechsler im 19.Jhd waren hier vermutlich schneller als wir, aber vor allem deshalb, weil dies für sie Routine war und alltägliche Arbeit.
Der ständige Umgang mit solchen Formen, die nur „funktioniern“ wenn sie sauber gedreht sind.
Der Schnitt muss sitzen.
Es war der „Normalfall“, dass ein Drechsler einen sauberen Karnies dreht, der ohne Knick oder Buckel von der Hohlkehle in den Rundstab übergeht.
Zur Auzseinandersetzung mit historischen Drechselformen, "nicht ganz mein Stil":
Natürlich wurde in der Zeit des Historismus sehr viel übertreiben und die Gegenstände sind meist mit „Verzierungen“ überladen.
Es war ja auch der (oft gescheiterte) Versuch, Vergangenes zu Idealisieren und in die eigene Zeit zu holen.
Ich empfehle dennoch jedem, der mit dem Drechseln beginnt sich mit solchen Formen zu beschäftigen.
Rundstab, Platte und Hohlkehle. Mehr ist es nicht an Formen.
Eine Röhre, ein Meißel, mehr braucht es nicht.
Zudem ist seit je her der Taster im Zunftzeichen der Drechsler,
den brauche ich nur wenn ich gleiche Teile und nach Vorgabe produzieren will, und dies war täglich Arbeit.
Nicht nur technisch solche Profile drehen zu können, sondern auch sehen zu lernen wann eine Form stimmt,
wann passt ein Profilablauf im Ganzen, ist für mich grundlegend.
Nur die Aufreihung verschiedener Elemente ergibt noch lange kein gutes Möbel.
Also an alle die drechseln,
ab ins Museum, historische Drechselteile zeichnerisch aufnehmen und nachdrechseln wenn gerade kein kaputter Stuhl
auf die Restaurierung wartet. Hier gibt es in jeder Epoche lohnende Beispiele.
Oder die zweite Frage zur Übung:
Bin ich in der Lage, einen Tischfuß nach meinem Entwurf zu drechseln und es wird mir abgenommen,
dass er von eienem historischen Möbel stammt? ... Dann wird es schon spannend!
... und dies funktioniert schon mit der einfachsten Einsteigerdrehbank!
Dass dieser Weg, mit dem Verständniss und dem Wissen um historische Formen funktioniert,
zeigt uns hier im Forum immer wieder der Manfred Fa. mit seinen Arbeiten.
Der Anspruch an die eigenen Arbeiten daraus:
Formen zu reduzieren, ist sicher ein wichtiger Impuls in der Gestaltung.
Aber um dies einsetzen zu können, muss ich aber wissen was wegzulassen ist!
Hannes