Keine steinharte Eibe

Wie der Titel schon sagt...

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Kreuzthaler
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Keine steinharte Eibe

Beitrag von Kreuzthaler »

Guten Abend,

der Älpler nützt den regnerischen Sonntag, um ein schönes Eibenstück vom Karl etwas zu verschönern.

Das gute Stück kam mit der Post und harrte in der Werkstatt auf eine "freie Stunde". Das Teil mit dem Kreuz, rechts unten, ist die Eibe.
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Der Rohling ging mir vielmals durch den Kopf. Die Seite mit dem Kreuz soll die obere Seite der Schale werden. Zum Aufspannen habe ich in die Mittenmarkierung meinen Zentrierstift geschraubt. Es ist eine M10 Schraube, die ich mit einer Spax 4 x 40 anschraube.
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Die Stirnseite hat auf der unteren Seite 2 Kerne. Dazwischen ist Rinde sichtbar.
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Die obere Stirnseite hat schon 3 Kerne. Das bedeutet, dass im Innern nochmals eine Teilung und Rindeneinschlüsse zu vermuten sind.
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Diese Außenseite soll der Boden werden. Das Loch in der Mitte fällt den Spänen zum Opfer.
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Zum Aufspannen nehme ich meine bewährte "Schleifpapierplanscheibe" mit einem 10er Loch in der Mitte zum Aufnehmen meines Zentrierstiftes.
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Auf der Gegenseite drücke ich mit dem Reitstock und der mitlaufenden Körnerspitze den Rohling auf die Planscheibe.
Wie sagt man so schön? Pfeifendeckel, in der Mitte geht es ungenau zu, da würde die Körnerspitze das Holz um 7 mm zur Seite drücken.
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Also muss der Spanntechniker wieder mal was Besonderes einsetzen. Ein ehemaliger Türpuffergummi in Kombination mit einer dicken Unterlegscheibe verhilft zu ausgleichender Gerechtigkeit. Doch zuvor drücke ich das Holz mit einem Drehstahl fest gegen die Planscheibe ...
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... und kontrolliere, ob an der Schleifpapierscheibe alles gut anliegt.
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Jetzt kann ich mit beiden Händen den Gummi und die Unterlegscheibe anbringen und ...
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... in der unebenen Landschaft gezielt andrücken. Also, ich möchte da kein Gummi sein!
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Nun kanns losgehen. Der Boden muss mal zeigen, was er innen hat.
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So richtig gut sieht das ja noch nicht aus, oder?
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Da muss noch für klare Verhältnisse gesorgt werden. Links, die Kerbe muss noch weg, ...
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... dann kann mein Bodenfalz kommen.
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Da sieht der Boden nicht sonderlich gut aus.
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Nach dem Umspannen, geht es an die Oberseite.
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Auch hier ist noch lange keine brauchbare Kontur zu erkennen. Die obere Ausrundung sollte weg, die untere Kerbe kann im Rand sichtbar bleiben.
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Die Sonne bringt es an den Tag, oder, wenn mal ein paar Späne weg sind, kommt man der Sache näher. Rinde = Sprengstoff = Achtung.
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Da das Programm bei 19 Bildern nicht mehr mag, mache ich eine Pause und dann gehts weiter.
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Kreuzthaler
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von Kreuzthaler »

Und schon gehts weiter:

Auch das Umfeld um die Kerne zeigt leichte Ablösungen.
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Der Übergang zum Splint ist auch nicht "Hasenrein".
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Die vielen Risse haben mich zu einer Kontrolle aufgefordert. Das Druckstück am Boden, an dem der Gummi drückte, hat ein tiefes Loch. Ich habe einen Spiralbohrer reingesteckt ...
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... und danach die Länge gemessen und 65mm abgelesen.
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So geht das natürlich nicht. Das gäbe ja ein Holzwaschbecken mit Bodenablauf. Gut, einen Stopsel könnte ich ja machen, Material von der Oberseite hätte ich ja.
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Also, ich muss umdenken. Der Boden wird das Oberteil. Dadurch kann ich mit dem Dreibackenfutter den großen Rindenbereich gut zusammenhalten.
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Den ehemaligen Boden habe ich mit dem 45er Forstnerbohrer aufgebohrt und arbeite jetzt die Schale aus. Gutes kommt nicht zum Vorschein.
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Danach haben sich die Ereignisse buchstäblich überschlagen.
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Irgend so ein dusseliger Span hat sich wohl in einem Rindenspalt verklemmt und eine kleine Explosion ausgelöst.
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Ohne weiteres Dazutun kann die Schale in zwei Teile aufgeklappt werden.
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Nicht nur der Fachmann erkennt hier, dass die Bearbeitung der "nicht steinharten Eibe" und der Bericht ein Ende hat.

Das Holz war von außen sehr schön, schade um die Explosion.

Trotzdem grüße ich euch alle und sage: Nicht den Mut verlieren. "Mit Schwund muss man rechnen"

Gruß Günter, der mit dem Optimismus.
Hotte
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von Hotte »

Hallo Günter
Schade um die Erle.
Ich hätte nach dem ersten Zapfenabriss einen neuen Zapfen mit Pu-Leim angeleimt
und auch nicht mit dem Kreutzsuport sondern von Hand gedrechselt.
So glaube ich,es wäre bestimmt eine schöne Schale geworden.
Aber schön Das du auch sowas hier zeigst.
Es wird nie alles gelingen.

:danke: :danke: :danke: für deinen Bericht.


Mfg Hotte
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dege52
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von dege52 »

Hallo Hotte, selbst wenn aus der EIBE ERLE wird: Kaputt ist kaputt!

Mit freundlichen Grüßen Detlef
"Ein Leben ohne Drechselbank ist möglich, aber sinnlos ! GUT SPAN !"
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snakyjoe
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von snakyjoe »

Hallo Günther,
vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Die Spanntechnik ist interessant. Die Eibe natürlich auch.
Ich konnte kürzlich zwei Stammteile einer sehr alten Eibe bekommen. Der Stamm teilte sich bei 80 cm Höhe bereits in 5 Einzelstämme.
In die Astgabeln setzten sich über die jahrzehnte Rindenmulch und viele Nadeln. Die Fäulnis drang tief in die Gabeln ein.
Holzpeter half mir beim Zersägen. Obwohl der etwas ovale Stammquerschnitt einen Durchmesser von über 45cm hatte, bleiben am Ende
wegen der vielen Risse und Spalten nur Schüsselrohlinge mit maximal 20 cm Durchmesser übrig.
Die trocknen zurzeit in Katzenstreu.
Wenn ich das zweite Stammteil aufarbeite, stelle ich mal ein paar Fotos bereit. (Beim ersten habe ich das vergessen.)
Ich habe jetzt eine eigene Kettensäge. Die soll sich an der Eibe mal die Hörner abstoßen.

Schade, dass deine Schale zersprungen ist. Die Maserung mit den vielen Kernen war toll.

Herzliche Grüße
Egbert
"Wege entstehen dort, wo man sie geht"
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Hölzerkarl
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von Hölzerkarl »

Hallo Günter,
besten Dank für deinen interessanten Bericht.

Das haben wir anders geplant, als es gekommen ist.

Es wird gesagt, dass Holz voller Überraschungen sei. Du hast nun die Erfahrung selbst gemacht.
Jedoch.....so ganz und gar umsonst war das alles nicht.
Du bist bei der nächsten Eibe für die Entscheidung der Bearbeitung gut gerüstet.
Ich bin erleichtert, dass es kein Flugholz gab, das dich getroffen hat.

In meinem Eibenlager werde ich mich erneut umschauen.
So schnell geben wir Alten nicht auf.........

Freundliche Grüße aus dem Hessenland

Der Karl
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Kreuzthaler
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von Kreuzthaler »

Guten Abend alle miteinander,

man soll die Arbeit nicht ohne Rücksprache mit seiner Frau beenden. Und so begab es sich, dass die "Scherben" gesehen wurden, und ich zur weiteren Bearbeitung aufgefordert wurde. Alte Lebensweisheit: Wer wenig widerspricht, lebt ruhiger, oder so.

Eine Schale ist erst dann schön, wenn - aus Sicht der Frau - etwas Ungewöhnliches zu sehen ist.

Also gut: Die Trümmer werden verleimt, die Hohlräume mangels Eiben-Sägespäne mit Drehspänen aufgefüllt und eingepresst.

Da ich zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst habe, dass da doch noch was draus wird, habe ich keine Bilder gemacht (diese aber sicher gut belichtet).

Heute ist der Leimklumpen dann doch auf die Drehbank gekommen und hat sich dort recht anständig verhalten. Durch den bei mir üblichen Spannrand am Boden, konnte ich die Innenseite und den Rand gleich fertig bearbeiten. Und ich sage euch, die Eibe ist ganz unbeschreiblich hart. Der Drehstahl, der für Eisen gut ist, ist "ratz fatz" stumpf, daher auch die Explosion bei der ersten Bearbeitung. Der Stahl war da auch schon rund und hat mehr gedrückt als geschnitten.
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IMG_3884+Bi.JPG (44.03 KiB) 3314 mal betrachtet

Für die Bearbeitung des äußeren Bodens, habe ich eine Hilfsscheibe gemacht, die genau in die Schale rein passt. Schale darüber gestülpt und mit dem Reitstock, Körnerspitze und Gummiunterlage etwas festgespannt.
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IMG_3975+Bi.JPG (93.22 KiB) 3314 mal betrachtet

Solche Ausbesserungen am Holz muss man schon mögen.
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IMG_3980+Bi_1.JPG (132.62 KiB) 3314 mal betrachtet
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IMG_3990+Bi.JPG (158.4 KiB) 3314 mal betrachtet
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IMG_3991+Bi.JPG (174.99 KiB) 3314 mal betrachtet
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IMG_3993+Bi.JPG (164.73 KiB) 3314 mal betrachtet
.
Dieses Produkt bleibt Eigentum der besseren Hälfte, und somit der Nachwelt erhalten.

Eigentlich passt diese Arbeit ganz gut in die heutige Zeit der Restmüllverwertung.

Es grüßt euch der Kreuzthaler mit seinem Recycling-Produkt.
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SteffenM
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von SteffenM »

Hallo Günter,

das ist doch ein durchweg gelungener Rettungsversuch! Ein Hoch auf deine Frau! :-L

Und schöne Grüße in den Süden!
Steffen
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snakyjoe
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von snakyjoe »

Guten Morgen Günter,
schön zu sehen, dass die ehrwürdige und widerspänstige Eibe doch noch in eine Form gezwungen wurde.
Das Holz der englischen Langbögen war jahrhundertelang die Artillerie aller Schlachten, bis das Schwarzpulver kam.
Dafür brauchte es besondere Eigenschaften. Das helle Splintholz bildete immer den Bogenrücken, weil es am besten
mit der Dehnung klar kam und das dunkle Kernholz am Bauch des Bogen konnte aufs Äußerste gestaucht werden.

Insofern kein Wunder, dass die Eisen hart arbeiten mussten.

Jedenfalls ein sehr gelungener Rettungsversuch. Die Maserung ist es allemal wert.

Herzliche Grüße von
Egbert
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Re: Keine steinharte Eibe

Beitrag von Hölzerkarl »

Hallo Günter,
nun hat es doch noch geklappt und aus den Bruchstücken
ist eine Schale geworden. Es wäre schade gewesen, wenn
die Brocken im Ofen gelandet wären.

Das Muster der Schale ist einmalig und besonders schön.
Die Reparaturstellen stören mich nicht, weil ich, so wie
du, auch schon Schalen gerettet habe.

Nun hat die Eibe aus dem Hessenland bei dir eine neue
Heimat gefunden. Sehr erfreulich.

Danke für die Fortsetzung des Berichtes mit gutem Ende.

Freundliche Grüße aus der Mitte von Deutschland

Der Karl
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