an einem von Missverständnissen und Aufregungen durchzogenem Unglückstag ergab sich in meiner allernächsten (und -liebsten)
Verwandt- und Bekanntschaft kürzlich ein peinliches Ereignis mit schwerwiegenden Folgen:
Den genauen Hergang will ich zarten Gemütern unbedingt ersparen.
Nur soviel: Ich war's nicht!
Trotzdem war schnell klar: Das fällt in die Zuständigkeit des Drechslers.
Und dieser Drechsler, um nicht allzuviel an Denkleistung investieren zu müssen - "Wie mach ich denn das jetzt wieder?" - schaut natürlich zuerst
vertrauensvoll im Forum nach, Rubrik "Anleitungen und Arbeitsberichte".
Stichwortsuche Kochlöffel.
Und findet flache Pfannenwender, kugelige Dosierlöffel und feines Salatbesteck.
Keine Kochlöffel.
Also doch zum Bücherkasten: Handbuch Drechseln, Gottfried Böckelmann, Kapitel: Der Umgang mit der Rotationsachse,
"Die Mehrfachachsendreherei"
Pfeifenfutter hab ich nicht, ich behelfe mir mit einem Vier-minus Zwei-Backenfutter von Vicmarc:Für Anfänger ist ein Kochlöffel eine schöne Aufgabe zum Ausprobieren der Mehrfachachsendreherei.
Zum Einspannen in der Längsachse muß an beiden Enden etwas Material zugerechnet werden. Dann müssen Laffe und Stiel gut parallel
geschnitten sein, damit die aufeinander bezogenen Drehachsen nicht „verspringen“ können.
Ideal zum Spannen ist ein Zweibacken- oder Pfeifenfutter.
Darin eingespannt, kann der Laffeninnenraum mit der Röhre (Querholz) ausgedreht werden.
Der Innenraum wird fertiggeschliffen und der Rand nur andeutungsweise vorgestochen.
Der herumwirbelnde Stiel ist ein „Windmotor“, der bei Unaufmerksamkeit zu Verletzungen führen kann. Man sollte allerdings
nicht zu ängstlich sein, denn es läßt sich trotz des vielleicht anderen optischen Eindrucks relativ sicher arbeiten.
Im folgenden Arbeitsgang wird das Holz zwischen Mitnehmer und Spitze gespannt, wobei die Achsenausrichtung im Winkelbezug zur Laffe und auf die seitliche Verschiebung hin sehr genau erfolgen muß. Die fertiggedrehte Laffe gibt eine gute optische Hilfe für das kugelig Drehen des Außenkonturs. Der Stiel und auch der Übergang zur Laffe dürften keine technischen Probleme aufwerfen.
Die Bearbeitung der Rückseite der Löffellaffe erfolgt an der Schleifscheibe in vier Schritten. Zuerst wird die untere Stielseite als Linie bis zu Löffelmitte angepaßt. Dann wird die seitliche Form, von der Mitte immer noch flächig gebogen, bis an den Rand der Löffelspitze weggenommen. Anschließend schleift man nun die „Vorderansicht“ möglichst symmetrisch als Löffelquerschnitt. Endlich werden die entstandenen Grate gerundet. Da durch die Festlegung von Ansatz sowie seitlichen und vorderen Außenpunkten die Gestalt sehr genau vorgegeben ist, geht die Formung zügig vonstatten. Es entsteht auf diese Weise eine glaubwürdige, eher straffe Form und keine weichliche „Nudelgestalt“. Wenn beim Ausformen der Rückseite der Stielansatz bis an die Laffenmitte verlaufend, bei aufmerksame Beobachtung der Gesamtform, gefeilt wird, erhält man einen Löffel, der „sich in seiner Erscheinung sicher wohl fühlt“. Dies kann man durch ein wenig Zierrat am Stielende noch unterstützen.
Beim Schleifen der "Rückseite der Löffellaffe" habe ich zusätzlich eine kleine Schleifwalze verwendet, Gummi luftgefüllt, anstatt zu feilen.
Fertig, Kochlöffel aus Buchenholz, Quirl Baummagnolie, geschlifffen bis K240, roh:
Weshalb der Quirl?
Ich habe mich bei meinen Bildern an Abfolge und auch am Inhalt der Abbildungen im "Handbuch Drechseln" orientiert.
Dort liegt ein Quirl neben dem Kochlöffel.
Und ich musste meine "Sternenmaschine" ja wieder einmal anwerfen.
Das "Handbuch Drechseln" ist eine große Empfehlung von mir. Böckelmann, Professor, Diplom-Designer, Drechslermeister, Drechsellehrer - dessen Todestag sich übrigens gerade zum drittenmal gejährt hat - hinterließ uns Anhängern der Drechslerei mit diesem Werk einen wahren Leuchtturm der deutschsprachigen Drechselliteratur.
Helfried