Besuch in der Drechslerei Stephani

Eure Berichte und Bilder von Euren Drechselkursen

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Helmuth
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Besuch in der Drechslerei Stephani

Beitrag von Helmuth »

Hallo zusammen,

Martin (aka Aschi1983) und ich waren nach langer Planung endlich mal zusammen beim Heiner Stephani.
Wer ihn nicht kennt: Heiner ist ein klassischer Drechslermeister aus Olbernhau, welcher nicht nur Gesellen und angehende Meister unterrichtet, sondern auch Hobbydrechsler trainiert. Er schaut einem kurz zu und weiß ganz genau, wo man gerade steht und was der nächste Schritt für den Schüler ist, um die Lernkurve steil zu halten. Es macht einfach Spaß bei ihm lernen zu dürfen und wer mit teilweise recht grobem Humor und sehr direkten Ansagen nicht überfordert ist, der ist bei ihm genau richtig.

Hier ein Bild, wie es bei ihm aussieht.

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Wir fühlten uns sofort zu Hause.

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Werkstattdeko

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Als erstes Projekt haben wir nach diesem Vorbild einen Räuchertürken gedrechselt. Alles mit Meißel und Haken auf Spundfuttern, alles mit angedrehten Zapfen und zueinander passenden Durchmessern an den Übergangsstellen und natürlich immer 2 identische Teile. Sieht trivial aus, ist aber richtig Arbeit und man lernt dabei, reproduzierbar und präzise auf Maß zu arbeiten.

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Hier einige der Einzelteile.

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Zwischendurch gab es immer mal wieder Demonstrationen von alten Werkzeugen und Techniken. Hier ein Haken, wo sich bei mir die Nackenhaare aufstellten: 5 cm Klinge und er wird stehend (!) und nicht hängend angesetzt. Sieht brutal aus und geht SEHR gut, wenn man sich traut.

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Aschi zeigt mal, wie das aussehen kann. Die indirekte Auflage auf dem Holz dient einerseits als "Sollbruchstelle", falls sich der Haken doch mal verfängt, andererseits entkoppelt er 2 Bewegungen - die rechte Hand führt den Haken, mit der linken kann man die ihn "ins Holz" ziehen. Sehr effektives Arbeiten, wenn man sich daran gewöhnt hat und den inneren Widerstand überwunden, den Haken stehend anzusetzen. Der historische Bodenhaken funktioniert übrigens genauso. Später mehr dazu. Achso, wegen der doch ungewöhnlichen Klingenlänge: Ich behaupte mal, schneller geht aushöhlen nur mit einem Forstnerbohrer und Schiebepinole. Aber mir fällt spontan gar kein großer Forstnerbohrer ein, den man bei 2000+ Umdrehungen benutzen könnte, ohne dass sofort das Loch qualmt. Dieser Haken nimmt RICHTIG schnell viel Holz weg.

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Nach 2 lehrreichen Tagen haben wir uns erstmal ein wenig entspannt...

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...und jeden Morgen...

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...hat mich dieses Mistvieh hinter der Tür erschreckt.

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Am dritten Tag gab uns Heiner eine Aufgabe von seinen Meisterschülern: Eine perfekte Halbkugel mit konstanter Wandstärke im Spundfutter drechseln, welche in jeder Position in einem gedrechselten Ring saugend anliegen muss. Und damit wir uns ein bisschen anstrengen müssen, sollten wir gleich mal Zebrano nehmen.

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Auch, wenn es am Ende nur eine Schüssel ist: Ich fand das recht anspruchsvoll.

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Wer Zebrano nicht kennt: es ist wirklich ein mistig zu verarbeitendes Holz. Stinkt wie Sau, ist spröde und hart, frisst Klingen, irgendwie hat man danach immer einen Schliefer in der Haut stecken (welcher natürlich beim Versuch ihn zu entfernen abbricht), es reagiert mit heftigen Verfärbungen (welche man auch nicht mehr rausgeschliffen bekommt) auf Wärme und Druck. Ja es sieht toll aus, wenn es fertig ist. Aber ein bisschen Masochismus gehört dazu, sowas zu verarbeiten. Es verzeiht echt keinen Fehler und wenn es mehrere Leute gleichzeitig verarbeiten ist der Geruch in der Werkstatt schon... intensiv.

Wir haben uns wieder richtig wohl gefühlt bei Heiner und erneut viel gelernt. Wer ernsthaftes Interesse an traditionellen Techniken - speziell am Umgang mit Meißel und Haken hat, ist bei ihm bestens aufgehoben.

Ich freu mich schon auf das nächste Mal!

Beste Grüße

Helmuth

P.S. Aschi ist gestern 35 geworden. Dazu meinen herzlichen Glückwunsch!
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ändu
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Beitrag von ändu »

Hallo Pit

Schöner Bericht!

Du saugst mit deiner Neugierde und deinem Wissensdurst so richtig alles auf!

Wenn ich sehe wie du so richtig satt Vollgas gibst, kann man sich auf deine nächsten Arbeiten freuen.

Bin gespannt was du die nächsten Jahre so auf der Bank kreierst :ausruf:

Schöne Grüsse aus der Schweiz
Ändu
Eure Meinung und Kritik ist meine Motivation. :o)
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loni
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Beitrag von loni »

Danke für den informativen Bericht! Weiß evtl. jemand ob es Literatur zu den alten Drechselwerkzeugen und deren Anwendung gibt?

Viele Grüße
Loni
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GentleTurn
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Beitrag von GentleTurn »

loni hat geschrieben:
Danke für den informativen Bericht!
Moin,
dem schliesse ich mich einfach mal an. :danke:
Liebe Grüße, Martin.

Ich bin verantwortlich für das, was ich sage und nicht für das, was du verstehst.

Videos und hilfreiche Playlisten (nicht nur) für Einsteiger auf YouTube und Fotos auf Instagram.
 
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schwede
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Beitrag von schwede »

Servus Pit und Martin,

da hattet ihr ja nen tollen Ausflug!

Danke für den interessanten Bericht!
schöne Grüße aus der Oberpfalz
Markus ---> Schwede

*** www.rundes-vom-schweden.de ***
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Helmuth
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Beitrag von Helmuth »

Es freut mich, dass Euch der Bericht gefällt!

Hier noch der versprochene Nachtrag zum Bodenhaken. Man bekommt damit wirklich einen perfekt glatt geschnittenen Boden mit sehr spitzem Winkel bzw. mit extrem geringem Radius zur Wand hin:

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So sieht das Werkzeug von vorn aus. Die linke Flanke (welche die Wand schneidet) ist vorn voll scharf und läuft nach hinten stumpf werdend aus, so dass links effektiv nur die vorderdersten 1-2 mm wirklich schneiden. Dass da die Tormek-Führungen u.ä. nicht mehr weiterhelfen und man das freihand schleifen muss, ist sicherlich offensichtlich. Heiner hat übrigens gar keine Schleifhilfen im Haus - er schleift ausnahmslos alles freihändig auf einer EK-Scheibe. Den Grat bricht er mit einem feinkörnigen Handschleifstein.

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Und so sieht der Haken von hinten aus. Der Trick beim Anschliff ist, dass man ihn hinten minimal "entschärft", also etwas stumpfer schleift, als möglich wäre, damit er zumindest halbwegs handhabbar zu führen ist und nicht ganz so aggressiv greift.

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Ich stehe ja auf so alte Werkzeuge. Trotzdem muss ich zugeben, dass ein minimal ballig geschliffener schwerer Schaber zum gleichen Ergebnis (schön glatter Boden der in einem rechten Winkel ausläuft) führt und man bei der Benutzung weniger Angstschweiß produziert. Ob einen der resultierende Zehntel Millimeter (oder weniger ?) Unebenheit bzw. Radius im Boden stört, muss jeder selbst entscheiden.

Hier noch ein Rätsel: Wir fanden in Heiners Grabbelkiste diese Werkzeug und konnten uns nicht vorstellen, wofür man das verwenden könnte, außer um sich weh zu tun. Vorderansicht:

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Rückansicht:

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Na, hat jemand eine Idee, was man damit machen kann?

Beste Grüße,

Helmuth
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Ralph
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Olbernhau

Beitrag von Ralph »

Hallo Pit,

ich tippe auf Reifendrehen

:-)
:-)

Ralph (Exilbayer)
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Bioschreiner
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Beitrag von Bioschreiner »

Moin

Das ist genau das, was übrigbleibt, wenn man lernt einen der oben gezeigten Haken freihand zu schleifen. Und das mit wenig Ahnung und einem sehr abrasiven Schleifstein.

Es freut mich geholfen zu haben. ;-)

Bio
uwe :?oh :?oh
Ich liebe das Holz - aber liebt es mich auch?

Laß mich - ich kann das ... oh - kaputt!!!
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Helmuth
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Beitrag von Helmuth »

Moin, Uwe ist schon auf der richtigen Fährte. :prost:

Noch ein Nachtrag, der vielleicht interessant sein könnte, weil nicht so bekannt: Der ergebirgische Abstecher.

So sieht er von oben aus.

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Von unten.

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Hier im Profil.

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Ich hatte damals das Glück, noch einen alten von Gläser zu bekommen. Neuhammer macht die aber auch - bei Interesse einfach mal bei Steinert nachfragen.

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Was macht man damit? Abstechen!

Hier mal im Vergleich - Oberfläche geschabt.

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Anschließend mit einem Meißel saubergeschnitten.

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Und hier der erzgebirgische Abstecher in einem Arbeitsgang:

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Glänzende verdichtete Oberfläche (beidseitig !), geschnitten, keine Brandspuren, einfach nur geil.

Wer ein bisschen Geduld und Experimentierfreude hat, sollte diesen Anschliff mal ausprobieren - es lohnt sich!

Beste Grüße, Helmuth
Filarmonicafreak
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Beitrag von Filarmonicafreak »

Wer zuhause eine Flex besitzt kann sich den Abstecher recht simpel und günstig selbst anfertigen
Eisenmann
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Beitrag von Eisenmann »

Hallo Forumsdrechsler,
Auch ich bin im Moment bei Heiner im Erzgebirch.
Es macht riesig Spaß, so einen "Räuchertürken" herzustellen.
Leider geht‘s morgen schon wieder nach Hause.
Beim Heiner war ich sicher nicht zum letzten Mal.

Gruss
Wolfgang


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Ich möchte nicht nerven. Ich bekomme das mit dem Drehen aber nicht auf die Reihe. Ist es das Alter?
Herzlichen Dank fürs Verständnis.

*Fotos gedreht von Raupenzwerg
Better never trouble trouble,until trouble troubles you. For you only make your trouble.... double trouble,when you do.
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Aschi1983
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Beitrag von Aschi1983 »

Hallo liebe Drechler

Pit hat schon alles sehr gut berichtet und dargestellt.
Aber ich möchte euch meine Bilder auch nicht vorenthalten.

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Pit bei den ersten Probeversuchen mit dem Meißel

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Heiner bei der Vorführung einmal an der Bank und am Schleifbock
( im Vordergrund unser dritter Mann Günther)

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Die Montagsmaler..... :re: oder war doch schon Mittwoch???!?

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Abends gab es auch rundes....typisch Drechsler

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:prost:

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Entstehung der Schale auf dem Ring.

Fazit für mich ein Besuch bei Heiner und auch der Stadt Olbernhau lohnt sich immer wieder!

PS: das zweite Bild von Pits Beitrag ist mein Bewerbungsfoto für „ Germanys next Bier Model“

Grüße aus Thüringen
Martin
Der Holzwurm nagt am Kneipentisch,
Er nagt in aller Stille.
Zu Anfang nagt er noch recht frisch
Zum Schluß mit 3 Promille!!

LINK ZU MEINEM YOUTUBE KANAL : https://youtu.be/iIskttTwDhQ
renanus
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Beitrag von renanus »

Hallo in die Runde

Hatte auch schon die Ehre einen 3 Tages Kurs bei Hainer zu absolvieren,
war eine tolle Zeit und sehr lehrreich, würde jederzeit wieder einen Kurs bei ihm machen, er ist ein echt cooler Typ.

Gruß Nussi
Holz lebt von seinen Fehlern -der Mensch mit ihnen
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Aschi1983
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Beitrag von Aschi1983 »

......und wer sich richtig anstrengt der kann beim Heiner auch n geiles T-Shirt erwerben
:peace

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Tip top :maintor1:
Danke Heiner


Grüße aus Thüringen
Martin
Der Holzwurm nagt am Kneipentisch,
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