Loblied auf die Esche

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Peter Gwiasda
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Loblied auf die Esche

Beitrag von Peter Gwiasda »

Die Esche zählt zu meinen Lieblingshölzern. Korrekt müsste es lauten: Die Esche gehört zu meinen Lieblingsbäumen.
Fraxinus excelsior wird tatsächlich vielfach gelobt – in der Dendrologie, Materialkunde, Medizin, Religion und in der Mythologie und besonders von uns Drechslern.
Jüngst habe ich diese Schale aus dem Holz einer 160 Jahre alten Esche gedreht, die neben der Trauerhalle unseres Dorffriedhofes stand. Sie musste wegen Pilzbefalls im Wurzelbereich vor zwei Jahren gefällt werden. An der Textur dieses Holzes kann ich mich immer wieder sattsehen. Ich entdecke in den Jahresringen stets neue Formen und Linien. Die Schale braucht keinen Schmuck und auch keine Applikationen; sie ist nur rund und fasst klaglos Gegenstände. Das Holz der Schale ist pur Natur, kein Öl und kein Wachs, keine Politur, nur fein geschnitten und geschliffen.

Die Schale hat einen Durchmesser von 300 Millimeter und eine Höhe von 87 Millimeter.

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Meine Wertschätzung des Holzes motivierte mich, gezielt in meiner Holzbibliothek zu forschen.

Im Horoskop der Kelten werden der Esche diese Eigenschaft versichert: anziehendes Wesen, lebhaft, impulsiv und fordernd, lehnt Autorität ab und steckt hohe Ziele. (Woher man das weiß, ob wohl dieses mitteleuropäische Volk keine Schrift hatte, bleibt rätselhaft, macht alles aber noch spannender).

Kurt Allgeier verbreitet in seinem Buch über die „Heilkraft der Bäume“ wahre Wunder. Danach helfen Eschenbätter gegen Rheuma und Verstopfung, gegen Depressionen und Milzbeschwerden und heilen auch offene Beine.

In der nordischen Mythologie hat Yggdrasil, die Weltenesche, eine außergewöhnliche Bedeutung. Sie ist Trägerin des ganzen Weltgebäudes; ihr Wurzeln reichen in die untere Welt, während ihre Wipfel bis in die obere Welt, die Welt der Götter, reicht. Ihre Wurzeln sind dreigeteilt. Eine entspringt dem Brunnen des Totenreichs, die zweite Wurzel schöpft aus der Mimirquelle im Land der Reif-Riesen. Der Riese Mimir ist der weiseste und friedlichste aller Riesen. Bleibt die dritte Wurzel. Sie endet im Himmel, wo der Urdbrunnen plätschert. Am Fuße des Weltenbaumes sitzen die Nornen, das sind die Schicksalsgöttinen für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und im Wipfel von Yggdrasil weidet die Ziege Heidrun, die fortwährend Met in solchen Mengen gibt, dass alle Götter und Helden Walhalls sattsam davon trinken können. Die Skandinavier schmücken ihr Narrativ endlos aus, mit heiligen Hähnen, huschenden Eichhörnchen, Adlern und Schlangen. Ihr Prophezeiung aber lässt mich erschaudern. Wenn die Weltenesche bebt, geht die Welt unter!

Die Esche erwies sich in der Geschichte der Menschheit nicht nur als Medizinalbaum, sondern auch als Baum des Kampfes, des Militärs und damit des Todes. Das zähe und gleichzeitig elastische Eschenholz wird seit der Antike für Speere, Bögen und Armbrüste verwendet. Erst im Mittelalter büßte die Esche ihre Rolle als begehrtes Waffenmaterial ein, weil englische Soldaten mit immer tödlicheren Langbögen aus dem Holz der Eibe ein neues Kapitel europäischer Geschichte schrieben.

Aber zurück zur Drechselbank. Wann und wo immer Eschen der Säge zum Opfer fallen, greift zu,


rät der Eschenverehrer Peter Gwiasda
Wie tröstlich, dass auch unsere Erde nicht wirklich rund ist.
Lyiness
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von Lyiness »

Danke für deinen tollen Vortrag
Es war sehr interessant.
Eschenholz ist auch mein Favorit gerade wegen der schönen Maserung und der Stabilität
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Nachtübernahme
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von Nachtübernahme »

Danke Peter für das Loblieb auf meinen Lieblingsbaum!
Abgesehen von der nachgesagten medizinischen Wirkung bei "Frauenleiden", Ödemen und offenen Wunden, kann ich die therapeutische Wirkung der Esche gegen Depressionen und sog. Burnout noch erwähnen. Geruch und Haptik des Eschenholzes ist einzigartig und (zumindest für mich) einfach wundervoll.

Leider setzt das Eschentriebsterben hierzulande den Bäumen extrem zu -- es müssen zur Zeit so viele Eschen ausgeholzt werden, dass diese als Brennholz deutlich günstiger als Buche zu bekommen ist.
Bleibt zu hoffen, dass die Esche nicht ebenso wie die Ulme bald vom Aussterben bedroht ist.

P.S.:
Wunderschöne ruhige Schale mit tollem Braunkernanteil!
Grüße aus dem Wittelsbacher Land,
Tobias
Brennholzveredler
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von Brennholzveredler »

Auch ich stimme in das Loblied auf die Esche ein!
- - - - bedauerlich ist nur, dass man es eher ein Requiem nennen müsste - - - wenigstens in der Gegend in der ich wohne ! ! !
Gruß
Herbert
Ich drechsle, also bin ich.
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snakyjoe
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von snakyjoe »

Vielen Dank Peter,
dein ausführlicher Ausflug in die Flora und Historie war mal wieder erhellend.

Ich teile deine Vorliebe für diesen Baum respektive dieses Holz.
Hier in Brandenburg ist es neben der Linde einer der häufigsten Alleebäume.
Leider sind die Eschen in den letzten Jahren zunehmend von Krankheiten befallen
und werden sukzessive gefällt. Dabei sind teilweise Eschen mit einem Durchmesse von bis zu 1,10m.
Ich konnte mir beim Vorarbeiter des Tiefbaubetriebes zwei schöne Stücke sichern, als ein Teil
der Allee einem Radweg weichen musste.
Die müssen aber noch trocknen und ich warte sehnsüchtig auf den Startschuss zum Drechseln.

Viele Grüße

Egbert
"Wege entstehen dort, wo man sie geht"
- Franz Kafka -


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Ulrich Brust
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von Ulrich Brust »

Hallo Peter,
mit Freude habe ich die Beiträge zum Thema Esche gelesen und möchte den Esche-Liebhabern folgendes mitteilen. Derzeit lese ich auf Empfehlung von Heiko Rech, St. Wendel, ein interessantes Buch zu diesen Thema.
Das Buch heißt: "Der Mann der einen Baum fällte und alles über Holz lernte". Der Autor heißt Robert Penn, das Buch ist im Ullstein Verlag erschienen und hat folgende ISBN-Nummer 978 3 548 37739 1.
Im Vorwort schreibt der Autor: Ich hatte meinen Baum gefunden: eine wunderschöne Esche, die ich besser kennenlernen sollte als jeden anderen Baum; die Esche, die ein Teil meines Lebens werden würde. Robert Penn bezeichnet die Esche als "Venus des Waldes".
Ich bin derzeit auf Seite 80/264 und halte das Buch für informativ, lehrreich und gut zu lesen.

Grüße aus der Eifel von
Ulrich Brust
Viele Grüße aus der Eifel von
Uli Brust
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reiner
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von reiner »

Der Ulrich hat mich jetzt so neugierig gemacht,
dass ich mir das Buch gekauft habe.
Für 3,53 incl. Porto, gebraucht bei ebäääh.
Papier ist ja momentan Mangelware :-(

Ich mag gebrauchte Bücher. :-)
Gruß Reiner
Die Sonne scheint ins Dickwurzloch... lasse doch!
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Bioschreiner
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Re: Loblied auf die Esche

Beitrag von Bioschreiner »

Hi
Das keltische Baumhoroskop oder Baumkalender hat nix mit den Kelten zu tun.
Er ist von irgendwelchen Schwurblern in den 40 er Jahren des letzten Jahrhunderts „erfunden“ worden.
Die Kelten befleißigten sich nicht des Schreibens, daher kann man bei ihnen nix nachlesen.

Also zur Esche kann ich auch nur schwärmen, allein der lat. Name ist schon die Wucht.

Grüße
Bio
uwe
Ich liebe das Holz - aber liebt es mich auch?

Laß mich - ich kann das ... oh - kaputt!!!
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