unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

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OpaEmil
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unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von OpaEmil »

hallo,
als absoluter drechsel-anfänger hab ich natürlich noch nicht sehr viel an zubehör, futtern, werkzeugen... ich bin vorerst auch noch hauptsächlich am testen, um mit diversen werkzeugen/techniken vertraut zu werden.
Kürzlich versuchte ich mich an einer vase (aus sperrholzresten, mit angesetztem boden aus buche). Dabei ist mir der rezess ausgebrochen und musste entfernt werden.

Das verbliebene fußende hab ich flach ausgehöhlt. Nun hatte ich kein passendes futter, um das werkstück wieder aufzuspannen. Und selbst eines drechseln, in dem der vasenfuß passt und sicher sitzt, traue ich mir noch nicht zu.
Letztlich bin ich auf folgende "idee" gekommen: ich habe die backen meines spannfutters (üblicherweise mit je 2 schrauben gesichert) um eine schraube nach außen versetzt.
Dadurch hat sich der mögliche umfang vergrößert, allerdings waren diese nun nur mehr mit 1 schraube befestigt (ich hoffe, auf dem bild ist erkennbar was ich meine):

20190507-vase_08.jpg
20190507-vase_08.jpg (128.72 KiB) 3194 mal betrachtet

Ich habe mit etwas reduzierter geschwindigkeit gedreht, gebohrt und die vase ausgehöhlt. Das ganze hat - für meine begriffe - eigentlich sehr gut gehalten und ich hatte den eindruck, das werkstück war auch sicher befestigt.
Nun meine frage an die profis: ist das eine "zulässige" möglichkeit (im ausnahmefall) oder sollte man sowas eher nicht machen?

lg aus wien
holzopa

ach ja, das ist das fertige testprojekt (hintergrund bearbeitet):

20190507-vase_11.jpg
20190507-vase_11.jpg (71.43 KiB) 3187 mal betrachtet
Holzopa
kuyperlg
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Re: unkonventionelle aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von kuyperlg »

Hallo,
Sie haben Glück gehabt, dass es gut gegangen ist!
Ich würde es bestimmt nicht so machen!

Gruß,
Leo
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GentleTurn
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Re: unkonventionelle aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von GentleTurn »

Moin Emil und herzlich Willkommen im Forum. :-)

Es ist gut, dass Du neben der Frage auch ein Foto eingestellt hast. So können wir Dir genauer antworten.

Ja, diese Aufspannmethode ist in zweierlei Hinsicht sehr gefährlich.
(Weitere Erläuterungen mit Bildern und Film - siehe Links am Ende.)

Erstens.
- Der Zapfen, der in die Spannzangen reicht, ist zu lang. Dieser darf niemals auf dem Boden des Futtes aufliegen.
- Der Boden Deines Drechselobjektes liegt nicht auf der glatten Oberfläche der Spannzange auf. Das muss er aber.
Denn dort wird der Großteil der seitlich auf das Werkstück wirkenden Kräfte abgefangen.
- Idealerweise sollte bei richtig gedrehtem Zapfen zwischen Spannzangenoberfläche und Holz kein Blatt Kopierpapier
senkrecht in den Schlitz zwischen Holz und Metall passen.

Hast echt Glück gehabt, dass Dir nicht der Zapfen abgebrochen und Dir das Teil um die Ohren geflogen ist. :-A

Zweitens.
Idealerweise sollten die Spannzangen eines Futters nur soweit geöffnet sein, dass zum Klemmen so gut wie
die ganze Innenseite im Kontakt mit dem Holz ist. Also einen Kreis bilden.
http://www.docgreenwoodturner.com/wpima ... 378_06.png
Leichte ! Abweichungen führen in der Regel nicht zu Problemen, wenn die Schulter (also die
Auflagekante des Holzes auf der Spannzangenoberseite) sauber gearbeitet ist und das Holz anliegt.
http://www.docgreenwoodturner.com/wpima ... b35_06.png

Daher sind in Deinem Fall entweder größere Backen mit mehr Durchmesser zu wählen und / oder
einen kleineren Zapfen in der richtigen Länge (in diesem Fall Kürze) anzudrehen, wenn keine größeren Backen verfügbar sind.
Die Kraft sollte komplett übertragen werden.
http://www.docgreenwoodturner.com/wpima ... 6cf_06.png
Dazu kommt, dass der Zapfen die Form haben muss, die die Innseite der jeweiligen Spannzangen vorgibt.
Das kann ein Schwalbenschwanz sein oder auch nicht. Siehe Backen und Herstellerangaben. Auch sollte - wenn
der Schwalbenschwanz gefordert ist - der Winkel des Schwanzes passen, damit alles Holz vom Zapfen innen anliegt.

Die mechanische Belastbarkeit und somit die wirklich wichtige Sicherheit durch die Manipulation mit der Ummontage ist extrem gefährlich.

Richtig angewendet sind Spannfutter sehr sicher. Aber Du hast wirklich Glück gehabt und tue Dir bitte einen Gefallen:
Bitte nicht mehr so wie gezeigt einspannen!

Ich greife mal ein paar wenige Links aus einem anderen Beitrag zum ähnlichen Problem im Forum auf:
Die Bilder dort sind ancklickbar und werden vergrössert gezeigt.

Teil 1
http://www.docgreenwoodturner.com/holdingpower1.html

Teil 2 ist für das aktuelle Problem noch interessanter:
http://www.docgreenwoodturner.com/holdingpower2.html

https://www.woodmagazine.com/woodworkin ... the-chucks

Es gibt dazu auch einen sehr guten Erklärfilm. Allerdings in englischer Sprache.
https://www.youtube.com/watch?v=Ypp2hssuF1Q

Zum Objekt.
Das schaut ganz gut aus. Durch das digitale Freistellen leidet allerdings die Kantendarstellung des Objektes.
Ist in der Realität bestimmt nicht so stufig. ;-)

====

Sofern YouTube eine automatische Untertitelfunktion anbietet, kann diese genutzt werden.
Eine Anleitung zur Verwendung gibt es hier: viewtopic.php?p=353482#p353482
Bitte beachten: Je nach Tonquelle, deren Qualität und der Sprache sowie deren Eigenheiten wird die
Übersetzung nie perfekt sein. Speziell Fachbegriffe können abweichen.

Für Textübersetzungen nehme ich gerne https://www.deepl.com/translator
Durch das Markieren der Textpassagen mit der Maus, Kopieren in die sog. Zwischenablage und
Aufrufen der Seite mit Einfügen des Textes erhalte ich Ergebnisse. Diese sind sogar durch Anklicken
eines Wortes veränderbar.
Zuletzt geändert von GentleTurn am 09.05.2019 - 12:32:42, insgesamt 2-mal geändert.
Liebe Grüße, Martin.

Ich bin verantwortlich für das, was ich sage und nicht für das, was du verstehst.

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johannes_s
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Re: unkonventionelle aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von johannes_s »

Hallo,

es ist auch noch zu überlegen, dass die Führungsnase in den Spannbacken nicht mehr trägt.
Vielleicht liegen die Spannbacken sogar nicht richtig auf und die Schrauben werden auch noch auf Biegung beansprucht.
(Habe diesen Versuch noch nie selbst gemacht)

Mein Tipp lieber einen kleinen Zapfen, wenn möglich aus Längsholz in die Vase Einkleben. Mindestens 10-15 mm tief verleimt.
Dann den Zapfen passend zu den Spannbacken abdrehen und auf den Flächen der Backen aufliegen lassen.

Mit den besten Grüßen

Johannes
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Re: unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von Seppel »

hallo,
was ist jetzt aus/abgebrochen? Ein Zapfen, oder ein Rezess?

Gruß
Josef
herzliche Grüsse vom Elsenzstrand
der Toscana Badens

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OpaEmil
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Re: unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von OpaEmil »

danke mal für eure hilfreichen antworten.
sowas hab ich mir eh gedacht - daher auch die nachfrage.

@ Martin
ich werde mir die diversen links deiner umfangreichen antwort bei gelegenheit aufmerksam durchsehen (ein englischer beitrag sollte kein problem sein ;-) )
und ja, beim (schnellen) freistellen sind die kanten etwas unschön geworden. aber zum zeigen reicht es wohl ;-)

@ johann
das mit dem zapfn einleimen hab ich nicht so ganz verstanden (steh etwas auf der leitung). hätte ich da im sockel der vase (das buchenteil, welches ich eingespannt habe) ein loch bohren/drehen sollen und in dieses einen zapfen einleimen, der unten übersteht und in die spannbacken geklemmt wird (hab versucht, das auf einem bild zu verdeutlichen)? und der zapfen (möglichst aus dem selben material wie der boden wird dann plan abgedreht?
Unbenannt.JPG
Unbenannt.JPG (33.43 KiB) 2930 mal betrachtet
@ seppel
mir ist ein rezess ausgebrochen und musste ausgebessert werden
20190507-vase_07.jpg
20190507-vase_07.jpg (116.9 KiB) 2930 mal betrachtet
in zukunft werd ich dann wohl etwas vorsichtiger sein
lg

ps: ach ja, ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ich natürlich auf der reitstockseite solange wie möglich umterstützt habe ;-)
Holzopa
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johannes_s
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Re: unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von johannes_s »

Hallo,

als Anlage Bild vom Schnitt.
Den Zapfen Einleimen und dann zentrieren und den Zapfen mit dem Boden abdrehen, dass deine Spannbacken sauber greifen, aber am Grund etwas Luft ist.
Bild

Gruß Johannes
Dateianhänge
schnitt_Vase.JPG
schnitt_Vase.JPG (48.5 KiB) 2901 mal betrachtet
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Re: unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von rudolf_josef »

Hallo zusammen,
Abgesehen von der Gestaltung des angeleimten Zapfen, werden die 4 Schrauben mit denen deine Spannbacken fixiert werden auf Scherung belastet, weil die Spannbacken nicht in der Nut geführt sind. Die Nut nimmt die Kräfte auf und nicht die Schrauben. Zumindest ist das bis meinen Nova Spannfutter so.
Die Spannbacken um eine Schraube nach außen zu versetzen ist meiner Meinung nach sehr gefährlich.
Weiterhin viel Glück bei solchen Aktionen.
Grüße vom Bodensee
Rudi
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SteffenM
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Re: unkonventionelle Aufspannmethode - gefährlich?

Beitrag von SteffenM »

Hallo Emil,

ich vermute, dass auch bei deiner unkonventionellen Spannmethode das Holz vor den Schrauben versagen wird. Aber ich würde es auch nicht darauf anlegen wollen, den Gegenbeweis zu erleben. :prost:

Meine ersten drechslerischen Gehversuche habe ich übrigens an kleinen Objekten gemacht. Das waren Eierbecher, Schälchen, Äpfel und Birnen. So manches Teil flog mir von der Bank, aber das war bei solchem Kleinkram vergleichsweise ungefährlich.

Schöne Grüße!
Steffen
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