Giftiger Meißel?

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webwood
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Giftiger Meißel?

Beitrag von webwood »

Hallo,

vor nicht allzulanger Zeit durfte ich bei Martin Adomat einen Anfänger-Kurs besuchen.
Beim Thema schärfen der Eisen, sagte Martin, das er alle Eisen auf der Scheibe schärfen würde, nur nicht den Meißel. Der würde auf dem Bandschleifer geschliffen, weil er sonst zu "giftig" werden würde. Auf meine Nachfrage hin, was den eine minimal konkave Fase für Nachteile hätte, hat Martin mir das auch erklärt, nur habe ich es nicht kapiert. Nachdem auch andere Kursteilnehmer ihre Fragen hatten, wollte ich nicht weiter nachfragen. Das möchte ich hier nun nachholen. Ich verstehe die Problematik einfach nicht. Entweder ist mein Werkstück im Radius doch größer oder in meinem Falle mit der Winz-Bank kleiner als mein Tormek- Schleifstein. Auserdem setzte ich doch den Meißel nicht platt auf die Handauflage um den Schnitt zu suchen, sondern neige ihn in Schnittrichtung um einige Grad. Ich verstehe einfach nicht, wo das Problem einer konkaven Fase sein sollte. Was nicht heißen soll, das ich mit dem Meißel die hohe Kunst des "Nürnbergens" nicht beherrsche. Das kann ich sogar ziemlich gut.

Viele Grüße

Thomas
Gerd Altmann
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Beitrag von Gerd Altmann »

Hallo Thomas,

durch eine konkave Fase hast Du "übertrieben" gesprochen kaum noch Kontrolle über den Meißel, da die Schneide durch die Fase nicht mehr "abgestützt" wird. Das Ding schneidet mehr oder minder ohne Halt in die Tiefe. Eine gerade Fase stützt den Meißel vorne ab und Du kontrollierst die Schnitt-Tiefe selbst.

Das kannst Du mal an einem flachen Stück Holz testen, indem Du den Meißel mit der Schneide von Hand nach vorn schiebst - so wie beim Hobeln. Die Fase sollte idealerweise parallel zum Holz liegen. Dann merkst Du den Unterschied zwischen konkav und geader Fase deutlich.

Gruß
Gerd
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ToniHanimann
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Beitrag von ToniHanimann »

Hallo

Ich schleife den Meissel mit einem leichten Hohlschliff (Scheibendurchmesser 220), was aus meiner Sicht am einfachsten zu kontrollieren ist.
Ein sauber gerade geschliffener Meissel geht auch. Wenn man den geraden Meissel noch abzieht, und so eine Fase anbringt, wird das Werkzeug schwierig zu kontrollieren.
Bei einer balligen Fase entsteht unmittelbar bei der Schneide, und nicht am Ende der Fase etwas Druck auf das Holz, was zu weniger Ausrissen und weniger Vibrationen führt. Ein so geschliffener Meissel ist aus meiner Sicht aber sehr schwierig zu kontrollieren. Für das Überdrehen eines Schreibers ist das schon denkbar.

Gruss Toni
myturn
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Beitrag von myturn »

Gerd Altmann hat geschrieben:
... durch eine konkave Fase hast Du "übertrieben" gesprochen kaum noch Kontrolle über den Meißel, da die Schneide durch die Fase nicht mehr "abgestützt" wird. Das Ding schneidet mehr oder minder ohne Halt in die Tiefe.
@Gerd Altmann: Nehmen wir mal an, das wäre so. Müsste das dann nicht für die Röhre genauso gelten wie für den Meißel?

LG,
Bernhard
Gerd Altmann
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Beitrag von Gerd Altmann »

myturn hat geschrieben:
Gerd Altmann hat geschrieben:
... durch eine konkave Fase hast Du "übertrieben" gesprochen kaum noch Kontrolle über den Meißel, da die Schneide durch die Fase nicht mehr "abgestützt" wird. Das Ding schneidet mehr oder minder ohne Halt in die Tiefe.
@Gerd Altmann: Nehmen wir mal an, das wäre so. Müsste das dann nicht für die Röhre genauso gelten wie für den Meißel?

LG,
Bernhard
Sollte da auch gelten - wobei die Röhre beim Schnitt nicht ganz so problematisch reagiert wie ein Meißel. Ich hatte da mal zwei schöne Artikel zu gefunden:

http://www.woodworking.de/schaerfprojekt/drechsel2.html

http://www.woodworking.de/schaerfprojekt/drechsel1.html

Gruß
Gerd
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Roenni
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Beitrag von Roenni »

Moinsen,

so nun kommt auch noch mein Senf dazu.

Ein Konkav geschliffener Meißel lässt sich viel einfacher und schneller abziehen, da nicht die ganze
Fase abgezogen werden muss.
Das ein scharfer gut abgezogener Meißel zu aggressiv ist kann ich nicht bestätigen.

Meine Erfahrung hat eher bei stumpfen und Ballig geschliffenen Meißeln das Erzeugen von Nürnbergern und schlechten Oberflächen ergeben.

Es ist wie beim Fahrradfahren, wenn man erst einmal den dreh raus hat und dann ordentlich übt, ist der Meißel einfach nicht mehr weck zu denken.

Ich war der Meinung, dass ich eigentlich recht passabel mit dem Meißel umgehen kann, aber Hohlkehlen von 25 mm mit dem Meißel herzustellen konnte ich mir nicht recht vorstellen und somit habe ich mit Heiner Stephani um ein Bier gewettet, dass er das nicht schafft.

Ich habe zwar die Wette verloren, aber für den Gegenwert eines Bieres eine sehr gelungene Einführung erhalten :prost: :prost: und kann jetzt auch Hohlkehlen mit dem Meißel drechseln.

Gruß roenni
Gerd Altmann
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Beitrag von Gerd Altmann »

@Roenni

Eine Hohlkehle 25 mm mit dem Meißel ... :-A

Das hätte ich zu gerne gesehen.

Dass ein leichter Hohlschliff der Fase beim Abziehen gut zu handhaben ist steht außer Frage.
Ich wollte dem Kollegen ja auch nur veranschaulichen, was mit giftig gemeint ist.

Gruß
Gerd
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webwood
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Beitrag von webwood »

Ich nochmal,

also sorry, aber ich steige nun immer noch nicht durch, wo nun der Unterschied zwischen einer geraden und eine hohlgeschliffenen Fase sein sollte.
Ich habe gerade an einem Werkstück (Penblank) mit zweierlei Meißeln getestet.

Bild

Der breitere Meißel unten hat einen Hohlschliff von einer Scheibe mit 20,5 cm Durchmesser erhalten, der kleinere Meißel oben wurde auf einem Bandschleifer plan geschliffen. Dann habe ich die Fasen mit Eddingstift angemalt und gedrechselt.
Ich habe wirklich keinen Unterschied bemerkt.

Viele Grüße

Thomas
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Peter Gwiasda
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Beitrag von Peter Gwiasda »

Guten Abend Thomas,

mein Beitrag zu diesem giftigen Thema lautet: Du kannst mit einem Meißel mit Hohlschliff ebenso elegant schneiden wie mit einem auf einem Bandschleifer (zwangsweise) leicht ballig geformten Meißel - bei entsprechender Übung. Der einzige (entscheidende) Unterschied ist, dass du mit dem Hohlschliff-Meißel einen geringeren Holzkontakt und damit geringeren Widerstand bei der Meißelführung hast. Außerdem gilt, was Roenni geschrieben hat - und der gilt für mich als Meißel-König von Meck-Pomm.

Meine Meißel und Röhren mit Hohlschliff bleiben lang scharf, weil ich sie mit wenigen Diamant-Feilen-Strichen oder mit solchen mit Wasser- oder Ölsteinen wieder scharf bekomme, was im Licht gut sichtbar und kontrollierbar ist. Im Klartext: Bandschleifer sind nur gut für die Holzbearbeitung.

Grüße von Peter Gwiasda
Wie tröstlich, dass auch unsere Erde nicht wirklich rund ist.
carypt

Beitrag von carypt »

Wenn man dem Holz eine gewisse Elastizität zubilligt hat natürlich die andere Fasen-Flächenauflage eine andere Schneidenkräftegeometrie zur Folge . Die konkave Fase läßt das Messer sich eingraben .
gruß carypt
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up512783
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Beitrag von up512783 »

Hallo, wenn ich meinen Senf auch noch dazugeben darf, genau das mit der kleinen Hohlkehle hat mir der Heiner auch mit dem Meißel vorgeführt, weil ich es nicht glauben wollte. Grüße Uwe
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Ralph
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Hohlkehle

Beitrag von Ralph »

Hallo @Gerd,

Du willst sehen, wie man eine Hohlkehle (25mm) mit dem Meißel macht: frag in Olbernhau den Heiner Stephani, der zeigt es Dir gerne. Gehört bei ihm zu den Übungen im Anfänger-Kurs.

Ohne Quatsch: geht mit ein wenig Übung ganz einfach und sicher schneller als mit der Röhre

Frohes Schaffen
:-)

Ralph (Exilbayer)
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Holzkopf
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Beitrag von Holzkopf »

Liebe Drechselfreunde,

die Meißel meiner Kurs-Werkzeuge werden tatsächlich auf dem Band-Schleifer in Form gebracht.
Dadurch erziele ich eine gerade geschliffene Fase.
Der Meißel ist dadurch weniger aggressiv und kann so von Anfängern leichter gehandhabt werden.
Einzig und allein das ist der Grund für diesen Anschliff.
Persönlich sind Mir alle Vorteile eines leicht konkav geschliffenen Meißels durchaus bekannt
und er wird von mir selbst auch mit einem leichten Hohlschliff verwendet.

Herzliche Grüße,
Euer Holzkopf
Man kann niemanden Überholen,
wenn man in seine Fußstapfen tritt!


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www.drechslerei-adomat.de
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