Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

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Peter Gwiasda
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Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Peter Gwiasda »

Hallo Holzfreunde,

die grenzenlose Invasion der (europäischen) Menschen geht auch einher mit einer globalen Verbreitung von Tieren und Pflanzen über alle Kontinente hinweg. Ich beschränke mich auf die Chilenische Araukarie (Araucaria araucana), auch Andentanne genannt. Sie wächst bei uns in Parks und Privatgärten, ist sehr wüchsig und muss deshalb oft gefällt werden. Wir Drechsler sollten dann zugreifen, wohlwissend, dass diese exotische Baumart von der Südhalbkugel besondere Eigenschaften hat. Aus der Kambiumschicht des frisch gesägten Stamms quillt ein klebriger Harz/Saft, der sich nur mühsam aus der Kleidung entfernen lässt. Und die breiten und harten dreieckigen Nadeln pieksen heftig. Das Holz trocknet recht schnell, der Stamm muss also nicht zum Trocknen aufgeschnitten werden; das Holz reißt nicht (welch Wunder!), neigt aber zum Bläuen, was dem Holzbild nicht schadet. Der Stamm hat eine große Markröhre, das Holz lässt sich gut schneiden. Die Seitenäste stehen fast gleichmäßig im rechten Winkel zum Stamm, sind sehr hart, fallen beim Trocknen nicht heraus. Beim Drechseln sind deshalb sehr scharfe Stähle geboten. Das Holz lässt sich mit den Fasern quer und längs gut schneiden.
Zur abgebildeten Schale: Durchmesser 210 mm, Höhe 110 mm, Wandstärke 10 mm. Oberfläche ohne Öl oder andere Stoffe, nur poliert.

Und noch etwas zum Baum, der große Teile Südamerikas geprägt hat. Wieso hat? Weil die Menschen die natürlichen Wälder hemmungslos geplündert haben. Erst Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurden die Reste gesetzlich geschützt. In Chile und Argentinien ziert der Baum Provinzwappen und Embleme von Nationalparks. In Brasilien wurde die dortige Variante Araucaria angustifolia (Brasilkiefer) bis zur Erschöpfung abgeholzt und weltweit verkauft, zeitweise stellte sie 90 Prozent des gesamten brasilianischen Holzexports dar. Und noch etwas Wichtiges: Die Samen dieser Bäume sind sehr nahr- und schmackhaft. Eine Drechslerin mit argentinischen Wurzeln überraschte mich jüngst mit diesen Baumfrüchten - lecker.

In der Hoffnung, dass euch dies alles interessiert, grüße ich freundlich

Peter Gwiasda

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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Jowinter »

Hallo Peter,
gefällt mir sehr !
Jo
Total durchgedreht !
Drechseln, das Elixier für meine dritte Lebenshälfte.
Jo Winter
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Bioschreiner
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Bioschreiner »

Hallo Peter,

Das sieht gut aus, ich würde die Schale gerne mal in die Hand nehmen.
Hast Du die Innenform nach den Ästen gedreht oder sie gleich der Außenform laufen lassen.

Ach ja, zu der Araukarie fällt mir noch ein, daß die Astansätze im Stamm sehr dauerhaft und hart sind. Sie überstehen das Verfaulen des Stammes für lange Zeit. Sie werden in den Herkunftsländern gesammelt und aus dem Wald gebracht zum heizen.
Bei uns kommen sie importiert in den Handel als Pinienknoten und kosten viel Geld.

Lutz Aus der Eifel hat hier im Forum ein Drechselstück daraus vorgestellt. (Ich weiß nicht wie das mit den Links funzt)

Bring sie zum Treffen bei mir mit.

Liebe Grüße
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Cello »

Peter Gwiasda hat geschrieben: 29.06.2019 - 19:10:57
Und noch etwas zum Baum, der große Teile Südamerikas geprägt hat. Wieso hat? Weil die Menschen die natürlichen Wälder hemmungslos geplündert haben. Erst Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurden die Reste gesetzlich geschützt. In Brasilien wurde die dortige Variante Araucaria angustifolia (Brasilkiefer) bis zur Erschöpfung abgeholzt und weltweit verkauft, zeitweise stellte sie 90 Prozent des gesamten brasilianischen Holzexports dar.
In der Hoffnung, dass euch dies alles interessiert, grüße ich freundlich
Peter Gwiasda

Lieber Peter,

eine schöne Schale mit ausgewogener Form hast Du gedrechselt.

Natürlich interessiert uns das! Ich hatte bisher noch kein Stammholz, sondern nur die Astansätze, die hier als „Pinien“knoten oder noch schlimmer als „Pinien“zapfen gehandelt werden. Die Araucarie hat mit der Kiefer (Pinus) so viel zu tun wie Birke mit Birne.
Am Abholzen der Bäume in Brasilien hat die Bundesrepublik einen satten Anteil. In den 1960-er Jahren wurde die „Brasilkiefer“ in großen Mengen in die Bundesrepublik importiert. Warum wohl? Weil sie billiger was als die einheimische Kiefer. Nach der gleichen Logik exportieren wir jetzt Plastikmüll nach Malaysia, weil das billiger ist als ihn hier zu verbrennen. Indianerspruch: „Es ist freilich leicht, mit eines anderen Mannes A**** durch das Feuer zu reiten“.

@ Bioschreiner

Speziell für Dich füge ich zwei Arbeiten aus einem Aststück bei. Die kegelförmigen Teile der Krone lagen teils Jahrhunderte in der Erde und verfaulten dank ihres großen Harzgehaltes nicht, während das eigentliche Stammholz nicht mehr vorhanden ist. Sie werden in Brasilien ausgegraben. Diese kegelförmigen Astansätze sind überaus dicht und homogen im Aufbau, sehr hart und sehr feinjährig. Das Holz lässt sich sehr schlecht schleifen, weil sich das Schleifpapier durch den hohen Harzgehalt sofort zusetzt und dadurch schmiert. Beim Schleifen ist große Vorsicht geboten, da das austretende Harz sich sehr schnell erhitzt und braune Brandstreifen hinterlässt. Eine normale Oberflächenbehandlung mit Öl oder Wachs ist unnötig, da der hohe Harzgehalt eine haptisch hervorragende Oberfläche ergibt. Auch würde eine Oberflächenbehandlung mit Öl unmöglich sein, da Öl und Harz eine klebrige Oberfläche ergeben würden. Das Lachsrot dunkelt leider nach. Aus dem Harz kann man Lack herstellen. Als ich eine Scheibe von 10 cm Durchmesser in die Mikrowelle legte, erfreute ich mich an dem auf der Oberfläche der Scheibe in Blasen austretenden hellrotem Harz. Dass es auch unten austritt, hatte ich nicht bedacht... Die Scheibe war auf dem Drehteller wie festgeschweisst.



Gruß
Cello

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Bioschreiner
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Bioschreiner »

Danke Jürgen,

Ich habe auch solche " Pinienknoten ", nur sind meine dunkel, fast schwarz.
Deine sind an den Bruchstellen eher hell, hast Du sie dort auch irgendwie bearbeitet?

Liebe Grüße
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Hölzerkarl »

Hallo Peter,
danke für deinen interessanten Beitrag.
Neu war für mich der Hinweis auf die Tatsache, dass das
Holz bei der Trocknung nicht reisst. Ich habe schon länger
einen Halbstamm und eine Baumscheibe zur Trocknung
im Lager und warte vergeblich auf Risse.
Leider gibt es an meinen Stämmen keine Äste.

Wer mehr über die Araukarie wissen und sehen möchte....bitteschön....

viewtopic.php?f=18&t=50063&p=351371&hil ... ie#p351371

Zum guten Schluss zwei Bilder...
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Gruß aus dem Werratal

Der Karl
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Schnecke »

Hallo Uwe,
Lutz Aus der Eifel hat hier im Forum ein Drechselstück daraus vorgestellt. (Ich weiß nicht wie das mit den Links funzt)
Meinst Du diesen Beitrag hier?
viewtopic.php?f=18&t=50876&hilit=araukarie

Schöne Grüße

Christian
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Cello »

Bioschreiner hat geschrieben: 30.06.2019 - 07:10:21
Deine sind an den Bruchstellen eher hell, hast Du sie dort auch irgendwie bearbeitet?

Hallo Uwe,

das Foto mit dem blauen Hintergrund ist ein bisschen überbelichtet, das zweite Foto ist aber ziemlich echt.

Gruß
Cello
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Bioschreiner »

Hi Christian,

Danke für den Link, ich meinte jedoch einen, der einen verarbeiteten " Pinienknoten " zeigt.
Ähnlich den Bildern von Jürgen/ Cello.

Liebe Grüße
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Peter Gwiasda »

Hallo Holzköppe,

auf Wunsch eines besonders anspruchsvollen Drechslers schicke ich hier noch einige Fotos der Araucarie-Schale, auf denen die vermeintlich oder tatsächlich gefällige Form zu erahnen ist.
Das Besondere dieses Schale ist, dass sie sich im Takt bewegt und dabei rhythmische Geräusche erzeugt. Warum? Eigentlich ist sie eine Schaukelschale, im Zentrum aber habe ich einen sieben Millimeter kleinen "Fuß" gedreht. Man stellt die Schale auf eine ebene Fläche und sofort beginnt sie in alle Richtungen zu schaukeln, in immer schnelleren und kürzeren Intervallen.
Wie groß ist der Nutzen dieses kinetischen Eigenschaft? Null, überhaupt nicht. Aber es macht Spaß, Kinder und kindlich gebliebene Erwachsene spielen gern mit diesem Objekt. Die Rekordzeit der tanzenden Bewegung betrug bislang 18 Sekunden.

Ich wünsche uns allen einen kräftigen Regen und grüße

Peter Gwiasda

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P1020440.JPG (52.4 KiB) 4471 mal betrachtet
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Cello »

Lieber Peter,

Du kannst die Schale fotografieren, wie Du willst. Sie bleibt schön.

Ist der Fuß erhaben oder "nur" eine Flachstelle?

Gruß
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Mr. Wood »

Hallo Peter,

eine schöne schlichte Schale, ich mag das Holz.

@ Bio
Hier noch ein Bild aus alten Zeiten von einem Pinienknoten als Vase

Vase Pinie.jpg
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von Bioschreiner »

Hi Lutz

Genau das meinte ich.
Sieht schon irre aus.

Danke für das Bild.
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Re: Chilenische Araukarie: exotisch, klebrig, lecker

Beitrag von drechselede »

Hallo Peter,

ich melde mich auchmal zu deinem Werk.

Die Schale ist dir wunderbar gelungen, ein schönes Holz
da freud man sich solch ein Beitrag zu bestaunen.

Grüße aus Königsau
Edgar
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auch ein Büstenhalter
aber kein Holzhalter.
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